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Keine ärztliche Schweigepflicht bei Zweifeln an der Testierfähigkeit eines Erblassers

Erben & Schenken 18. Oktober 2019
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Peter Atkins / stock.adobe.com

Ist nicht sicher, dass ein Erblasser beim Abfassen seiner letztwilligen Verfügung testierfähig war, muss unter Umständen der behandelnde Arzt trotz Schweigepflicht dazu aussagen. Das entspricht dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen.

In einem Nachlassverfahren vor dem Amtsgericht Bonn musste zunächst geklärt werden, ob die Erblasserin testierfähig und somit das vorhandene Testament wirksam war oder nicht. Zur Testierfähigkeit sollte der Arzt der Verstorbenen Auskunft geben. Dieser berief sich aber auf seine ärztliche Schweigepflicht. Das Amtsgericht hielt die Schweigepflicht für aufgehoben. Denn dies entspreche dem mutmaßlichen Willen der Frau.

Das Oberlandesgericht Köln sah das ebenso. Es gebe hier kein Zeugnisverweigerungsrecht. Zwar reiche die ärztliche Schweigepflicht auch über den Tod des Patienten hinaus. Diese könne nicht einmal von den Erben oder nahen Angehörigen aufgehoben werden. Jedoch könne der Patient zu Lebzeiten ausdrücklich oder konkludent seinen Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Liege ein solcher ausdrücklicher oder konkludenter Wille nicht vor, müsse der mutmaßliche Wille des Patienten ermittelt werden. Die Erblasserin hatte zwar nicht ausdrücklich oder konkludent ihren Arzt von der Schweigepflicht entbunden. Jedoch entspreche es dem Interesse und mutmaßlichen Willen der Verstorbenen, den Arzt von der Geheimhaltungspflicht zu befreien, um somit die Frage nach der Wirksamkeit des Testaments klären zu können.

OLG Köln, Beschluss vom 15.5.2018, 2 Wx 202/18