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Gieriger Testamentsvollstrecker darf vom Nachlassgericht entlassen werden

Erben & Schenken 16. Juni 2020
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g-konzept.de / stock.adobe.com

Wer als Testamentsvollstrecker eingesetzt worden ist, hat Anspruch auf eine Vergütung. Hierfür gibt es Richtlinien. Zahlt er sich selbst zu viel aus dem Nachlass aus, muss er mit dem Ende seiner Tätigkeit als Testamentsvollstrecker rechnen.

Eine Reederin und Alleinaktionärin einer Werft hatte einen jungen Mann kennengelernt, der als Honorarkonsul der Mongolei tätig ist. Diesem Mann hatte sie die fast vollumfängliche Kontrolle über ihr Vermögen und ihre Unternehmen eingeräumt. In den darauffolgenden Jahren ging es der Werft wirtschaftlich gut.  Nach dem Tod der Frau wurde eine durch den mongolischen Honorarkonsul geführte Gesellschaft zur Alleinerbin. Auch die Testamentsvollstreckung sollte er übernehmen.

Die Vergütung des Testamentsvollstreckers sollte sich nach den Richtlinien des Deutschen Notarvereins richten. Der Konsul erstellte nach Monaten der Testamentsvollstreckung ein „vorläufiges und unvollständiges Nachlassverzeichnis“, das den Bruttonachlasswert (ohne Verbindlichkeiten) auf 1,2 Mio. € bezifferte. Daraufhin hob der Mann € 180.000,- vom Konto der Erblasserin ab. Der Verwendungszweck lautete: „Vergütung des Testamentsvollstreckers“.

Einen Monat später stellte die Werft Insolvenzantrag. Das Nachlassgericht entließ den Konsul aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker. Das Gericht hatte in der Abbuchung der € 180.000,- vom Konto der Erblasserin Übermaßentnahme gesehen und als ausreichenden Entlassungsgrund genannt. Ein Testamentsvollstrecker dürfe sich zwar selbst eine Vergütung aus dem Nachlass auszahlen, jedoch in Grenzen. Wo diese Grenzen lägen, sei vom Einzelfall abhängig.

Die Erblasserin hatte jedoch seinerzeit testamentarisch bestimmt, die Vergütung des Testamentsvollstreckers solle sich nach der Richtlinie des Deutschen Notarvereins richten. Diese Richtlinie hat klare Regeln, so das Gericht. Danach sei erste Hälfte der Vergütung des Testamentsvollstreckers fällig, wenn das Nachlassverzeichnis fertiggestellt ist. Die andere Hälfte sei fällig, nachdem die Erbschaftsteuer veranlagt wurde. Beides sei nicht eingetreten. Das Nachlassverzeichnis des Testamentsvollstreckers war nach eigenem Bekunden aber nur ein „vorläufiges und unvollständiges“.

Eine Vergütung konnte der Testamentsvollstrecker somit zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht fordern. Selbst wenn eine Vergütung fällig gewesen wäre, hätte sich diese keine € 180.000,- betragen dürfen. Bei einem Bruttonachlasswert von € 1,2 Mio. wäre eine Vergütung von € 36.060,-, maximal € 108.180,- (im Falle bestimmter, hier nicht einschlägiger, Zuschläge) angemessen gewesen.

OLG Hamburg, Beschluss vom 28.8.2019, 2 W 66/19