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Ein Erbfall, zwei Beteiligte – und nur ein Anwalt?

Erben & Schenken 10. Februar 2023
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Kzenon / stock.adobe.com

Die bloße Möglichkeit eines späteren Interessenkonflikts reicht nicht als Begründung dafür aus, dass ein Anwalt in einem Erbfall nicht mehrere Beteiligte beraten kann.

Eine Alleinerbin sowie die Pflichtteilsberechtigte eines Erbfalls hatten sich an einen Anwalt gewandt. Es ging um den Verkauf einer Immobilie, die zum Nachlass gehörte. Das Ziel beider Mandantinnen war, alleine den größtmöglichen Erlös zu erhalten, um den Nachlasswert so weit wie möglich zu erhöhen. Als der Anwalt den Mandantinnen die Gebührenrechnung für seine Tätigkeit übersandt hat, verweigerten diese die Zahlung. Als Begründung wurde angegeben, dass der Mandatsvertrag unwirksam sei, da eine Interessenkollision gegeben wäre.

Bei Erbfällen kommt es immer wieder vor, dass sich eine Erbengemeinschaft bildet. Sei es, dass der Erblasser das so bewusst gewählt hat oder aber die Erbfolge nach den gesetzlichen Vorschriften mehrere Erben bestimmt. Um Kosten zu sparen, wird dann nur ein Anwalt mit dem Mandat betraut. Problematisch daran ist, dass ein Rechtsanwalt nicht mehrere Mandanten gleichzeitig beraten und vertreten darf, wenn dies die Gefahr widerstreitender Interessen birgt. Der Anwalt muss immer die Interessen seines Mandanten vertreten, andernfalls macht er sich unter Umständen sogar strafbar. Die bloße Möglichkeit eines späteren Interessenkonflikts reicht allerdings nicht als Begründung dafür aus, dass ein Anwalt in einem Erbfall nicht mehrere Beteiligte beraten kann.

Die Richter am Oberlandesgericht (OLG) Koblenz sahen in diesem Fall keine Interessenkollision. Grundlage des Auftrags war das gemeinsame Ziel des Verkaufs. Allein die Möglichkeit, dass sich die Erbin und die Pflichtteilsberechtigte später doch noch wegen der Aufteilung des Erlöses streiten könnten, begründet in diesem Fall noch keine Interessenkollision, sodass der Anwalt zurecht sein Honorar eingefordert hat.

OLG Koblenz, Beschluss vom 1.3.2022, 15 U 1409/21