Pflichtteilsanspruch nichteheliches Kind: Verjährungsbeginn
Stockfotos-MG / stock.adobe.com
Pflichtteilsanspruch trotz späterer Vaterschaftsfeststellung
Im März 2025 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass ein Pflichtteilsanspruch auch dann besteht, wenn die Vaterschaft des Erblassers erst nach dessen Tod gerichtlich festgestellt wird. Im zugrunde liegenden Fall hatte der Verstorbene seinen Lebensgefährten testamentarisch zum Alleinerben bestimmt. Seine nichteheliche Tochter erfuhr 2017 vom Erbfall, konnte jedoch erst 2022 durch ein gerichtliches Verfahren die Vaterschaft feststellen lassen. Daraufhin machte sie 2023 ihren Pflichtteilsanspruch geltend.
Der Erbe berief sich auf die Verjährung, da der Erbfall bereits 2017 eingetreten war. Der BGH widersprach: Zwar entsteht der Pflichtteilsanspruch grundsätzlich mit dem Erbfall (§ 2317 BGB), doch beginnt die Verjährungsfrist erst, wenn der Berechtigte von allen anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis hat – also auch von der Vaterschaft und dem Testament.
Rechtsausübungssperre verzögert Verjährungsbeginn
Die Klägerin war durch § 1600d Abs. 5 BGB gesetzlich daran gehindert, ihren Anspruch vor der gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft geltend zu machen. § 1600d Abs. 5 BGB enthält eine sogenannte Rechtsausübungssperre. Diese bedeutet, dass Rechte aus der Vaterschaft erst ab dem Zeitpunkt ihrer Feststellung ausgeübt werden dürfen. Erst mit der rechtskräftigen Entscheidung des Familiengerichts im Jahr 2022 lagen alle Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist vor. Das heißt erst mit der Vaterschaftsfeststellung durch das Gericht im Jahr 2022 hatte die Tochter Kenntnis davon, dass der Erblasser auch Ihr Vater war, ihr also einen Pflichtteilsanspruch als Tochter zusteht.
Der BGH stellte klar, dass die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) in solchen Fällen nicht bereits mit dem Erbfall beginnt, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem die Vaterschaft rechtskräftig festgestellt wurde und der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis vom Testament hat.
Fazit: Was bedeutet das Urteil für Sie?
Das Urteil des BGH stärkt die Rechte nichtehelicher Kinder im Erbrecht und schafft Klarheit über den Beginn der Verjährungsfrist bei Pflichtteilsansprüchen. Wenn Sie selbst von einem Erbfall betroffen sind und Ihre familiäre Beziehung zum Erblasser erst später rechtlich geklärt wurde, kann dieses Urteil entscheidend für Ihre Ansprüche sein. Es zeigt, dass auch enterbte Nachkommen nicht rechtlos sind – vorausgesetzt, sie handeln rechtzeitig nach der Feststellung der Vaterschaft.
BGH, Urteil vom 12.3.2025, IV ZR 88/24
Ein Pflichtteilsanspruch steht bestimmten nahen Angehörigen zu – auch dann, wenn sie im Testament nicht bedacht wurden. Pflichtteilsberechtigt sind in der Regel Kinder, Ehegatten und Eltern des Erblassers. Voraussetzung ist, dass ein gesetzliches Erbrecht besteht, das durch ein Testament oder Erbvertrag teilweise oder ganz ausgeschlossen wurde. Wenn Sie unsicher sind, ob Sie dazugehören oder wie hoch Ihr Anspruch ausfallen könnte, hilft Ihnen Smartlaw weiter: Mit dem Tool zur gesetzlichen Erbfolgenprüfung finden Sie heraus, ob Sie grundsätzlich erbberechtigt sind. Der Pflichtteilrechner zeigt Ihnen, wie viel Ihnen zustehen könnte – abhängig vom Nachlasswert und der Erbkonstellation. Und wenn Sie Ihren Anspruch geltend machen möchten, unterstützt Sie Smartlaw mit einem rechtssicheren Dokument zur Pflichtteilseinforderung – individuell, schnell und bequem online erstellt.