Direkt zum Inhalt

Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis vererbbar

Arbeitsvertrag & Einstellung 1. Februar 2019
Image

lichtmensch / stock.adobe.com

Verstirbt ein Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis, haben die Erben Anspruch auf Urlaubsabgeltung für nicht genommenen Urlaub. Dieser Anspruch ist vererbbar und fällt in den Nachlass.

Eine Ehefrau wurde Alleinerbin ihres am 20.12.2010 verstorbenen Mannes. Dessen Arbeitsverhältnis endete durch seinen Tod. In der Folge stritten die Witwe und der ehemalige Arbeitgeber des Ehemannes um die Frage, ob der Anspruch auf Urlaubsabgeltung für nicht genommenen Urlaub auf die Erbin übergeht sowie um die Anzahl der hierfür relevanten Urlaubstage.

Nach § 26 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) standen dem verstorbenen Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage Urlaub zu. Zudem war er mit Wirkung vom 18.10.2010 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Deshalb stand ihm gesetzlich ein Zusatzurlaub von zwei Arbeitstagen zu.

Die Ehefrau forderte somit die Abgeltung des Resturlaubs von insgesamt 25 Arbeitstagen in Höhe von knapp € 6.000,-. Nicht gewährter Urlaub in dieser Höhe stand dem verstorbenen Ehemann im Todeszeitpunkt für das Jahr 2010 noch zu.

Das Bundesarbeitsgericht stellte zunächst fest, dass Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden kann, abzugelten ist (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Dieser Grundsatz gilt auch für Resturlaub, der dadurch entsteht, dass das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet.

Das entschied der Europäische Gerichtshof für den Todesfall im laufenden Arbeitsverhältnis mit Blick auf den bezahlten Mindesturlaub. Dieser Abgeltungsanspruch geht im Wege der Erbfolge auf den Rechtsnachfolger des Arbeitnehmers über (EuGH, Urteil vom 6.11.2018, C-569/16 und C-570/16).

Dieser Rechtsprechung schlossen sich die Richter am BAG an. Daraus folgt für die richtlinienkonforme Auslegung von §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch auf den vor dem Tod nicht mehr genommenen Jahresurlaub als Bestandteil des Vermögens Teil der Erbmasse wird.

Hinsichtlich der Anzahl der abzugeltenden Urlaubstage entschied das BAG: Der Abgeltungsanspruch der Erben umfasst dabei nicht nur den gesetzlichen Mindestanspruch auf bezahlten Erholungsurlaub von 24 Werktagen (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG).

Vielmehr fällt auch der Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen (§ 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a.F.) sowie den Anspruch auf Urlaub nach § 26 TVöD, der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt, in die Erbmasse.

Begründung: Dem TVöD lässt sich nicht entnehmen, dass der Erbe das Verfallrisiko für den tariflichen Mehrurlaub bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des Arbeitnehmers zu tragen hat.

BAG, Urteil vom 22.1.2019, 9 AZR 45/16