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Zur Haftung des Reiseveranstalters bei einem »Rail & Fly«-Angebot

Reisen & Urlaub 11. April 2022
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olly / stock.adobe.com

Das Angebot „Zug zum Flug“ kann aufgrund der Werbung Bestandteil der Pauschalreise sein. Ansprüche gegen den Veranstalter auf Erstattung und Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude sind bei einer Zugverspätung möglich.

Bei vielen Pauschalreisen ist im Reisepreis ein »Zug zum Flug«-Ticket enthalten, das zur Anreise zum Abflughafen mit der Deutschen Bahn berechtigt (sog. »Rail & Fly«-Ticket). Problem: Bei einer Zugverspätung verpasst der Reisende im schlimmsten Fall seinen Flug. Die Anreise ist dann nur per teurem Ersatzflug oder auch gar nicht mehr möglich. Für Betroffene stellt sich dann die Frage, wer haftet?

So auch im zu entscheidenden Fall: Zwei Kubareisende hatten eine Pauschalreise zum Preis von insgesamt € 3.598,– gebucht. Grundlage der Buchung war ein Werbeprospekt des Reiseveranstalters. Dort wurde in der Reisebeschreibung optisch hervorgehoben: »Vorteil: Zug zum Flug 2. Klasse incl. ICE-Nutzung.«

Der Zubringerzug erreichte am Abflugtag den Flughafen jedoch mit gut 2-stündiger Verspätung. Zu diesem Zeitpunkt war der Einsteigevorgang bereits abgeschlossen. Der Flug ging ohne die beiden Passagiere. Den Reisenden wurde danach kurzfristig ein Ersatzflug zu einem Aufpreis von € 2.400,– vom Veranstalter angeboten. Dies lehnte das Paar ab und trat die Heimreise an. Es verlangte daraufhin vom Veranstalter den Reisepreis zurück – plus eine Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude in Höhe von 50 % des Reisepreises.

Der Bundesgerichtshof stärkte mit seiner Entscheidung die Verbraucherrechte. Es gilt: Ist im Reiseprospekt bei der Beschreibung einer Flugpauschalreise der Bahntransfer zum Flughafen ohne Hinweis auf ein zusätzliches Entgelt als »Vorteil« aufgeführt, ist dies aus Kundensicht in der Regel so zu verstehen, dass es sich um einen eigenen Service des Reiseveranstalters handelt. Die angebotene Leistung »Rail & Fly«-Ticket ist dann vom Pauschalpreis umfasst.

Gewinnt ein Kunde also anhand der Werbeunterlagen den Eindruck, dass beim Start der Bahntransfer zum Flughafen eine Eigenleistung des Reiseveranstalters ist, haftet dieser auch für Folgen der Zugverspätung. Der Verbraucher erhält infolgedessen vom Reiseveranstalter den bezahlten Reisepreis zurück und kann Schadensersatzansprüche wegen entgangener Urlaubsfreude geltend machen.

Zur Frage der Höhe der Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude hat der BGH die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

BGH, Urteil vom 29.6.2021, X ZR 29/20