Kreuzfahrt: Wer entscheidet über die Reisefähigkeit eines Passagiers?
Ein an Krebs erkrankter Mann wollte zusammen mit seiner Frau eine Kreuzfahrt macht. Beim morgendlichen Check-in in Dubai litt der Mann unter Schwindel und Kopfschmerzen und zeigte sich zeitlich und örtlich desorientiert.
Der Schiffarzt untersuchte ihn zunächst. Anschließend wurde er zu einer ambulanten Untersuchung in eine örtliche Klinik geschickt. Dort wurde diagnostiziert, die Beschwerden seien ganz offenkundig Folge einer Dehydrierung. Gleichwohl verweigerte der Reiseveranstalter dem Mann die Reise wegen angeblicher Reiseunfähigkeit.
Das Oberlandesgericht Hamburg stellte fest, die Beförderungsverweigerung war unzulässig, weil zum einen nicht von einer Reiseunfähigkeit des Mannes auszugehen war; zum anderen fehlte der erforderliche Kapitänsentscheid.
Sowohl Schiffsarzt als auch Klinikärzte haben die gesundheitlichen Beschwerden des Mannes als nicht gravierend eingestuft. Es lag keine akute Reiseunfähigkeit vor. Auch die behandelnden Ärzte am Wohnort des Patienten hatten ihm vor der Reise attestiert, er sei uneingeschränkt reisefähig.
Die Reisebedingungen sahen zudem zwingend vor, dass ein Ausschluss eines angeblich reiseunfähigen Passagiers eine Kapitänsentscheidung voraussetzt. Eine solche Entscheidung lag hier nicht vor.
Folge: Der Veranstalter wurde verurteilt, dem Ehepaar den durch die Beförderungsverweigerung entstandenen Schaden zu ersetzen.
OLG Hamburg, Beschluss vom 1.3.2022, 6 U 15/21