Trennungsjahr ist Trennungsjahr – auch bei kulturellen Besonderheiten

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Ein indisches Paar hatte 2019 geheiratet. Die Ehe war durch die Familien arrangiert worden. Die Ehe währte jedoch nicht allzu lange. Am 28.05.2021 packte der Ehemann alle seine persönlichen Sachen sowie alles, was er in der Ehe angeschafft hatte, und verließ die gemeinsame Mietwohnung. Lediglich ein Tablet ließ er seiner Frau zurück. In der darauffolgenden Zeit kam er noch einmal zurück, um ein vergessenes Modem zu holen, und um zwei Postirrläufer abzuholen.
Kontaktversuche der Ehefrau ignorierte er standhaft. Der Versuch, die Beziehung durch Einschaltung der Familie des Mannes in Indien zu retten, scheiterte.
Im April 2024 wurde der Frau der Scheidungsantrag des Mannes zugestellt. Die Verlassene wollte sich nicht damit abfinden, sie berief sich darauf, dass das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen sei. Dieses habe für sie erst mit der Zustellung des Scheidungsantrags begonnen. Vor Eingang des Antrags sei ihr nicht klar gewesen, dass ihr Mann sie verlassen wollte. In indischen arrangierten Ehen lebten die Partner oft in verschiedenen Wohnungen. Der Mann argumentierte dagegen, er habe seiner Frau bei seinem Auszug eindeutig mitgeteilt, dass er die Ehe nicht fortsetzen wolle.
Das Amtsgericht München sprach daraufhin die Scheidung aus. Der Trennungswille des Mannes sei für die Frau – auch unter Berücksichtigung kultureller Besonderheiten – seit mehr als einem Jahr eindeutig erkennbar gewesen. So habe der Mann durch seinen Auszug aus der gemeinsamen Wohnung am 28.05.2021 – unter Mitnahme seiner sämtlichen persönlichen Sachen – jegliche Form der ehelichen Gemeinschaft abgelehnt.
Die häusliche Gemeinschaft der beiden war damit aufgehoben und seitdem auch nicht wiederhergestellt worden. Eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft sei insoweit nicht mehr zu erwarten gewesen, sonst hätte die Frau 2023 nicht versucht, den Kontakt über die Familie des Mannes wiederherzustellen. Ein Trennungsjahr war gegeben.
AG München, Beschluss vom 14.8.2024, 554 F 3511/24
Tipp: Wenn Sie heiraten und ihren Güterstand nicht selbst zum Beispiel durch Ehevertrag festlegen, leben Sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dabei bleiben während der Ehe die Vermögen der der Ehegatten getrennt und jeder verwaltet sein Vermögen grundsätzlich selbstständig. Erst mit Beendigung des Güterstandes etwa durch Scheidung oder den Tod eines Ehegatten wird das Vermögen der Ehegatten aufgeteilt – der sogenannte Zugewinnausgleich. Durch einen Ehevertrag können Sie selbst festlegen, wie während der Ehe mit den Vermögen der einzelnen Ehegatten verfahren werden und was nach dem Tod oder der Scheidung passieren soll. Darüber hinaus können Sie ganz praktische Regelungen wie zum Beispiel zur Aufgabenverteilung treffen. Wussten Sie, dass derartige Regelungen auch für eine Lebenspartnerschaft möglich ist? Passgenau auf Ihre individuelle Lebenssituation können Sie mit Smartlaw auch einen Lebenspartnerschaftsvertrag erstellen.