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Erwachsenenadoption: Wann eine langjährig beschäftigte Haushälterin wie ein eigenes Kind angenommen werden darf

Familie & Vorsorge 15. Mai 2020
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olenachukhil / stock.adobe.com

Gründe für eine Erwachsenenadoption gibt es verschiedene. Wirtschaftlich Gründe wie zum etwa Erbschaftsteuerersparnis heißt der Gesetzgeber aber nicht gut. Die enge persönliche Beziehung muss zwischen den Beteiligten im Vordergrund stehen.

Ein kinderloser Professor und seine inzwischen verstorbene Ehefrau hatten seit 1996 eine Frau in ihrem Haushalt beschäftigt. Zwischen dem Mann und der Haushaltshilfe war von Beginn an eine große wechselseitige Sympathie vorhanden. Das galt auch gegenüber den beiden Söhne der Haushaltshilfe.

Nach dem Tod seiner Ehefrau suchte der Professor gemeinsam mit der Haushaltshilfe einen Notar auf. Der Notar beurkundete den gemeinsamen Wunsch der beiden, wonach der Professor die Haushaltshilfe als Kind annehmen wollte. Die beiden Söhne der Haushaltshilfe stimmten dieser Adoption zu. Den Adoptionsantrag begründeten sie damit, dass seit geraumer Zeit ein freundschaftliches Verhältnis zwischen ihnen besteht. Noch zu Lebzeiten der Ehefrau habe die Haushaltshilfe das Ehepaar immer unterstützt, insbesondere bei Krankheiten. Beide betonten im Antrag ihren Willen auch zur künftigen gegenseitigen Unterstützung. Zu den Kindern der Haushaltshilfe bestehe auf Seiten des Professors ebenfalls ein inniges Verhältnis.

Nachdem der Professor verstorben war, fanden sich mehrere Testamente. Darin hatte er eine Stiftung als seine alleinige Erbin benannt. Die Haushaltshilfe sollte mit Vermächtnissen bedacht werden. Das zuständige Amtsgericht Braunschweig lehnte den Adoptionsantrag ab.  Es bestanden Zweifel, dass zwischen dem Professor und der Haushaltshilfe tatsächlich ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist. Es sei vielmehr nicht ausgeschlossen, dass es bei der Adoption vorwiegend um die finanzielle Absicherung der Haushaltshilfe gegangen ist.

Mit dieser Entscheidung wollte sich die Haushalthilfe nicht abfinden und legte Beschwerde dagegen ein. Dazu trug sie vor, das Amtsgericht habe den Begriff der „sittlichen Rechtfertigung“ der Adoption verkannt. Das Oberlandesgericht gab der ihr recht und gab dem Adoptionsantrag statt. Das Gericht begründete die positive Entscheidung damit, dass eine volljährige Person dann als Kind angenommen werden kann, wenn diese Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Davon sei insbesondere auszugehen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis bestehe wie im konkreten Fall. Dabei könne eine Erwachsenenadoption auch dann gerechtfertigt sein, wenn ein Eltern-Kind-Verhältnis zwar noch nicht entstanden, aber zu erwarten sei, dass es in der Zukunft entsteht.

Zwischen dem Professor und der Haushaltshilfe bestand nach Überzeugung des Gerichts ein inniges und vertrauensvolles Verhältnis, das sich im Laufe der Jahre intensiviert und verfestigt hatte. Zwischen dem Professor und der Haushaltshilfe habe sich im Laufe der Jahre ein „gegenseitiges volles Vertrauen“ entwickelt. Beide würden „wechselseitig Anteil an Freud und Leid“ des anderen teilnehmen. Ein solches Verhältnis ginge über eine reine Freundschaft hinaus. Hinzu komme das wechselseitige familiäre Beziehungsgeflecht.

Das Oberlandesgericht sah deshalb den möglichen Wunsch der Beteiligten nach Erbschaftsteuerersparnis nicht als vordergründig an, zumal der Professor in seinen Testamenten angeordnet hatte, dass die Frau jeweils einen zusätzlichen Geldbetrag in Höhe der auf sie entfallenden Erbschaftssteuer als Vermächtnis bekommen soll.

(OLG Braunschweig, Beschluss vom 15.3.2017, Az. 1 UF 139/16)

Die Adoption bringt der Frau den zusätzlichen Vorteil, dass sie nun als Pflichtteilsberechtigte zu den Vermächtnissen einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch hat.