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Kritik an der Betriebskostenabrechnung muss erlaubt sein

Mieten & Wohnen 9. April 2020
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successphoto / stock.adobe.com

Meistens ist eine Betriebskostenabrechnung mit einer Nachzahlung zulasten des Mieters verbunden. Kein Wunder, dass bei besonders hohen Nachzahlungen der Mieter genauer hinsieht und sich mit seinen Mitbewohnern zusammentut.

In dem entschiedenen Fall wurde Mietern im März 2019 von ihrem Vermieter fristlos und hilfsweise fristgerecht gekündigt. Die Mieter hatten sich schriftlich an ihre Mitmieter gewandt und sich kritisch über die Betriebskostenabrechnung 2017/2018 geäußert.

Die Mieter rechneten den Mitbewohnern in dem Schreiben vor, dass die jetzigen Reinigungskosten um mehr als 200 % höher waren als im Vergleichszeitraum der früheren Abrechnung. Die Berechnung schloss mit dem Satz: „Wir sollten unseren Vermieter darauf mal aufmerksam machen“. Zudem wurde die Preissteigerung als „Wucher“ bezeichnet.

Das passte dem Vermieter nicht. Er sah in dem Schreiben eine Beleidigung und üble Nachrede. Er warf den Mietern vor, andere Mieter gegen ihn aufzuwiegeln und somit Unfrieden zu stiften.

Das Amtsgericht Euskirchen hatte kein Verständnis für diese Sicht der Dinge. Es entschied zugunsten der Mieter. Die Mieter hätten keine Vertragsverletzung begangen oder den Hausfrieden nicht nachhaltig gestört. Mit dem Schreiben hätten sich die Mieter sachlich mit der Betriebskostenabrechnung auseinandergesetzt.

Es enthalte keine an den Vermieter gerichteten reißerischen oder ehrverletzenden Formulierungen. Von einer üblen Nachrede oder Aufwiegelung könne keine Rede sein. Mieter dürften sich sehr wohl kritisch mit der vom Vermieter erstellten Betriebskostenabrechnung auseinandersetzen. Dies gelte insbesondere dann, wenn sich Abweichungen zu den bisher abgerechneten Kosten ergeben würden.

Ein Vermieter könne nicht erwarten, dass jede von ihm erstellte Betriebsabrechnung widerspruchslos und ohne Kritik akzeptiert wird. In Mehrfamilienhäusern müsse er damit rechnen, dass sich die Mieter zur Klärung mietvertraglicher Belange zusammenschließen. Auch liege in der Anfertigung des Schreibens und in der Verwendung des Begriffs "Wucher" keine erhebliche Pflichtverletzung. Zudem der Vermieter vor Ausspruch der fristgerechten Kündigung eine Abmahnung aussprechen müssen

AG Euskirchen, Urteil vom 16.1.2020, 33 C 63/19