Direkt zum Inhalt

Samenspende in der DDR: Kind darf trotz damaliger Anonymitätszusage wissen, wer der Vater ist

Familie & Vorsorge 5. Juni 2020
Image

terovesalainen / stock.adobe.com

Samenspender müssen damit leben können, dass künstlich gezeugte Kinder eines Tages wissen wollen, wer ihr Vater ist. Das ist ihr gutes Recht. Auch wenn die Spende seinerzeit in der DDR erfolgt und dem Spender Anonymität zugesagt worden ist.

Im Dezember 1990 wurde in der ehemaligen DDR ein Mädchen geboren, das mittels künstlicher heterologer Insemination gezeugt worden war. Die Samenspende war anonym. Nachdem das Kind im Jahr 2013 davon erfuhr, wollte es wissen, wer sein Vater ist und verklagte die Klinik auf Auskunft. Das wiederum verweigerte die Auskunft und verwies darauf, dass dem Samenspender nach damals geltendem DDR-Recht Anonymität zugesagt worden war.

Die Sache ging bis zum Bundesgerichtshof. Und der entschied zugunsten des Kindes. Es sei unerheblich, dass nach der Rechtslage in der ehemaligen DDR der Arzt dem Samenspender Anonymität zusichern konnte. Die strikte Anonymitätszusage stehe schon deshalb dem Auskunftsanspruch des Kindes nicht entgegen, weil sie das verfassungsrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes und sein Recht auf Kenntnis seiner Abstammung vollständig unberücksichtigt ließe und damit mit dem Grundgesetz unvereinbar sei.

Auch die Befürchtung, vom Samenspender wegen der Unwirksamkeit der Anonymitätszusage auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, hielten die Bundesrichter für unbegründet. Dem Klinikum könne schließlich wegen der zum Zeitpunkt der Zusicherung geltenden Rechtslage keine Pflichtwidrigkeit aufgrund der Zusicherung vorgeworfen werden.

BGH, Urteil vom 23.1.2019, XII ZR 71/18