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Sorgerecht: Wer darf über eine Schutzimpfung entscheiden?

Familie & Vorsorge 8. Juli 2017
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Sorgerecht: Streit um Schutzimpfung geht zugunsten der Impfung aus

© Mediteraneo / adobe.stock.com

Die allgemeine Impfmüdigkeit kann so weit gehen, dass sich gemeinsam sorgeberechtigte Eltern nicht einigen können, ob das Kind nun geimpft werden soll. Ein Sorgerechtsstreit geht in diesem Fall zugunsten des impfwilligen Elternteils aus.

Ein nichtverheiratetes, getrenntlebendes Elternpaar stritt darüber, ob die 2012 geborene Tochter die üblichen Schutzimpfungen erhalten solle. Die Mutter war dagegen, der Vater dafür. Die Mutter fürchtet, das Kind könne Opfer einer "unheilvollen Lobbyarbeit von Pharmaindustrie und der Ärzteschaft" werden. Die Frau fürchtete zudem medizinische Folgeschäden, weshalb sie die Impfungen nur durchführen lassen wollte, wenn negative Folgen ärztlicherseits mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten. Aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen beantragten die bislang gemeinsam sorgeberechtigten Eltern jeweils das alleinige Sorgerecht in Gesundheitsfragen für die Tochter.

Der Vater konnte sich vor Gericht durchsetzen. Zuletzt vor dem Bundesgerichtshof. Der Familiensenat am BGH hat nun entschieden, dass der Vater in Impffragen das alleinige Sagen hat. Denn bei Uneinigkeit der erziehungsberechtigten Eltern über bedeutende Fragen kann das Familiengericht einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis übertragen. Wer dann entscheiden darf, richtet sich im Wesentlichen danach, wessen Lösungsvorschlag dem Kindeswohl am ehesten entspricht.

Dazu stellte das Gericht zunächst fest, dass Impfungen keine alltägliche Entscheidungen, die gemäß § 1687 Abs. 1 BGB derjenige Elternteil trifft, bei dem das Kind lebt. Gerade das durch eine Impfung vermeidbare Infektionsrisiko und das damit einhergehende Risiko einer Impfschädigung machten das deutlich. Dass man dem Vater hier die Gesundheitsfürsorge für das Kind übertragen hatte, beruhte auf den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO). Deren Impfempfehlungen seien vom BGH bereits in einer früheren Entscheidung als medizinischer Standard anerkannt worden.

Hinzu kam, dass die Familienrichter im konkreten Fall keine besondere Impfrisiken für das Kind sahen. Der Bedenken der Mutter gegenüber Pharmaindustrie und Ärzteschaft bewerteten die Richter als unerheblich. Es gebe keinen Anlass für die Einholung eines gesonderten Sachverständigengutachtens über allgemeine Impfrisiken.

(BGH, Beschluss vom 3.5.2017; Az. XII ZB 157/16)

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