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Optische Beeinträchtigungen – müssen alle Eigentümer zustimmen?

Wohnungseigentum & Grundbesitz 1. Juni 2017
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Optische Beeinträchtigungen – müssen alle Eigentümer zustimmen?

© TIMDAVIDCOLLECTION / adobe.stock.com

Auch bauliche Maßnahmen am Sondereigentum, die das Aussehen des Gebäudes verändern, können die übrigen Wohnungseigentümer benachteiligen. Trotzdem kann es ausreichen, wenn die (u. U. qualifizierte) Mehrheit der Eigentümer zustimmt.

In einer Wohnungseigentumsanlage mit zehn Wohneinheiten wurde das Dach saniert. Auf dem Dach befindet sich ein Penthouse mit Dachgarten. Der Dachgarten gehört als Sondereigentum zu der Penthouse-Wohnung. Er war mit Platten ausgelegt, umzäunt und mit einem Dachvorbau versehen. Platten, Zaun und Dachvorbau wurden im Zuge der Sanierung entfernt, der Dachaufbau in Form und Gestalt verändert. Nach Beendigung der Sanierungsarbeiten ließ der Eigentümer des Penthouse ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer einen veränderten Dachvorbau errichten. Aufgrund der fehlenden Zustimmung verlangt eine Eigentümerin nun den Rückbau des Dachvorbaus. Der Dachvorbau sei von der Straße aus zu sehen, unterscheide sich deutlich vom vorherigen und verändere somit den optischen Gesamteindruck des Gebäudes nachteilig.

Die Richter des Bundesgerichtshofs entschieden, es kommt auf den Gesamteindruck und die Art der Maßnahme an und verwiesen die Klage an das Landgericht zurück. Zwar können auch Änderungen am Sondereigentum durchaus einen Nachteil für die übrigen Miteigentümer begründen. Dabei ist nicht nur der veränderte Bauteil, sondern das gesamte Gebäude zu berücksichtigen.

Um einen Anspruch auf Beseitigung zu begründen, muss der Nachteil, den die übrigen Eigentümer erfahren, aber erheblich sein. Bei der Beurteilung der Erheblichkeit ist zu bedenken, dass die Entfernung des Dachvorbaus erfolgt ist, weil die Eigentümergemeinschaft das Dach saniert hat – und nicht, weil der Sondereigentümer das so wollte. Bei der Dachsanierung wurde außerdem das Dach derart verändert, das der neue Dachvorbau konstruktionsbedingt angepasst werden musste.

Selbst wenn das Landgericht nach neuerlicher Prüfung zu dem Ergebnis kommen sollte, dass der neue Vorbau eine erhebliche Änderung darstellt, bedeutet das nicht automatisch, dass alle Eigentümer hätten zustimmen müssen. Hier ist zu unterscheiden:

Stellt der neue Dachvorbau eine Modernisierungsmaßnahme dar, ist die Zustimmung von mehr als drei Vierteln aller Eigentümer und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile ausreichend.

Handelt es sich dabei um eine modernisierende Instandsetzung, genügt die einfache Mehrheit der Eigentümer.

Der Eigentümer des Penthouse muss also einen entsprechenden Beschluss herbeiführen. Stimmen genügend Miteigentümer zu, müssen die anderen Eigentümer den Dachvorbau hinnehmen, auch wenn damit eine erhebliche Veränderung des optischen Gesamteindrucks einhergeht (BGH, Urteil v. 18.11.2016, V ZR 49/16).

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