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Zehnjahresfrist bei Erbteilanrechnung von Schenkungen: Wohnrecht des Erblassers hindert den Fristbeginn nicht

Erben & Schenken 28. Dezember 2020
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Gerhard Seybert / stock.adobe.com

Wenn der Erblasser zu Lebzeiten Immobilien verschenkt, haben Pflichtteilsberechtigte 10 Jahre lang einen Ausgleichsanspruch gegen die begünstigte Person. Besteht ein Wohnrecht, kann das anders aussehen, muss es aber nicht.

Zwei gesetzliche Erben einer verstorbenen Frau stritten sich vor Gericht. Der Kläger ist der Enkel der Erblasserin, sein Vater war schon tot. Der Beklagte ist der Sohn der Erblasserin und der Onkel des Klägers. Die Erblasserin hatte 12 Jahre vor ihrem Tod ihrem noch lebenden Sohn, dem Onkel des Klägers, ihr Haus übertragen, sich aber notariell ein Wohnrecht, ein Nutzungsrecht und eine Rückübertragungsverpflichtung vorbehalten. Der Enkel der Frau verlangte nun seinen Anteil aus dem Wert des Hauses in Höhe von € 53.333,- mit der Begründung heraus, die Zehnjahresfrist habe wegen der vorbehaltenen Rechte der Erblasserin bei der Übertragung nicht zu laufen begonnen.

Die Klage wurde abgewiesen. Die Zehnjahresfrist, nach deren Ablauf Schenkungen des Erblassers nicht mehr zugunsten der sonstigen Pflichtteils­berechtigten berücksichtigt würden, beginne unter Umständen auch bei einer Schenkung unter Vorbehalt eines Benutzungs- und Rückforderungs­rechtes zugunsten des Schenkers zu laufen. Die Zehnjahresfrist habe hier bereits mit der Grundstücksübertragung zu laufen begonnen. Denn die Erblasserin habe sich ein ausschließliches Bewohnungs- und Benützungsrecht lediglich an der Wohnung im Erdgeschoss vorbehalten, sodass die Wohnung im Obergeschoss dem Beklagten zur freien Verfügung gestanden habe.

OLG Zweibrücken, Urteil vom 1.9.2020, 5 U 50/19