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Pflichtteilsberechnung bei Wegfall eines Nießbrauchsrechts der Alleinerbin

Erben & Schenken 26. Juni 2019
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grafikplusfoto / stock.adobe.com

Wird eine nießbrauchsberechtigte Ehefrau beim Tod ihres Mannes zur Alleinerbin, erlischt ihr Nießsbrauchrecht an einer Immobilie des Erblassers. Dennoch reduziert der Wert des Nießbrauchs die Höhe des Pflichtteilanspruchs der Kinder.

Zu seinen Lebzeiten räumte ein Erblasser seiner Ehefrau ein Nießbrauchrecht an einem Grundstück ein. Nach seinem Tod wurde die Ehefrau Alleinerbin. Der einzige gemeinsame Sohn machte seinen Pflichtteil geltend. Die Mutter zahlte dem Sohn den Pflichtteil aus, zog aber den Wert des Nießbrauchs am Grundstück ab. Der Sohn war der Meinung, ihm stehe ein wesentlich höherer Pflichtteil zu. Schließlich seien Nießbrauch und Eigentum an dem Grundstück durch die Alleinerbschaft zusammengefallen. Dadurch habe das Grundstücks jetzt einen höheren Wert. Das Oberlandesgericht München schloss sich der Auffassung der Mutter an.

Das Gericht stellte fest, dass der Nießbrauch an dem Grundstück durch die Alleinerbschaft mit dem Eigentum in einer Person zusammengetroffen und erloschen ist. Dadurch sei das Grundstück nicht mehr mit dem Nießbrauch belastet, was sich grundsätzlich auf den Wert des Grundstücks auswirke. Dennoch könne das Grundstück bei der Pflichtteilsberechnung nicht als unbelastet angesehen werden. Schließlich könne ein Erblasser nur das vererben, was er zu Lebzeiten besessen habe. Und das war hier ein mit einem Nießbrauch belastetes Grundstück. Die Höhe des Pflichtteilsbetrags dürfe nicht davon abhängen, wer zufällig Erbe werde und ob in der Person des Erben die Voraussetzungen des Zusammenfallens von Nießbrauch und Eigentum gegeben seien.

OLG München, Urteil vom 6.2.2019, 20 U 2890/18