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Ehegattentestament mit Änderungsvorbehalt: keine Änderung zugunsten der Geliebten zulasten des Kindes

Erben & Schenken 8. Januar 2021
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Kaspars Grinvalds / stock.adobe.com

Wenn Eheleute sich gegenseitig zu Erben und das gemeinsame Kind zum Erben des überlebenden Ehepartners einsetzen, berechtigt ein Änderungsvorbehalt nicht zu einer beliebigen Änderung des gemeinschaftlichen Testaments.

Ein Erblasser war mit seiner 2013 vorverstorbenen Frau verheiratet. Aus der Ehe war ein minderbegabter Sohn hervorgegangen. Mit gemeinschaftlichem Testament aus dem Jahr 1999 hatten beide Eheleute den Sohn zum Alleinerben nach dem Tod des Letztversterbenden von ihnen eingesetzt. Das Testament enthielt zudem die folgenden Ergänzungen:

"Erben außerhalb der Familie kommen nicht in Frage und somit hat unser Sohn vollen Anspruch auf das vorgenannte Erbgut. Im Falle, dass die Eigentumswohnung verkauft werden muss und der Erlös für eine Heimunterkunft für uns benötigt wird, können wir eine Testamentsänderung jederzeit zu unseren Gunsten, auch ohne Einverständnis des Sohnes vollziehen und ändern. Auch im Fall, dass es mit unserem Sohn zu familiären Zuwiderhandlungen kommen sollte, sind wir berechtigt das Testament zu annullieren."

Die Schwägerin des Erblassers, das heißt die Schwester der vorverstorbenen Ehefrau, hatte mit dem Mann seit 2004 ein außereheliches Verhältnis unterhalten, worunter die Ehefrau bis zu ihrem Tod sehr gelitten hatte. In diesem Konflikt zwischen seinen Eltern hatte der Sohn von Anfang an auf der Seite seiner Mutter gestanden. Mit notariellem Testament vom 7.1.2014 hatte der Erblasser den Sohn und die Schwägerin je zur Hälfteals Erben eingesetzt. Darin erklärte der Erblasser zu seinen Beweggründen, dass der Sohn ihn in den letzten zwei Jahren nur viermal besucht und sich auch sonst nicht um ihn gekümmert habe. Darin sehe er eine „familiäre Zuwiderhandlung“, die ihn berechtigte, das erste Testament abzuändern.

Gestützt auf das zweite Testament beantragte Schwägerin einen Erbscheins, wonach der der Sohn und sie je zur Hälfte sollten. Damit war der Sohn nicht einverstanden. Er wollte Alleinerbe sein. Vor dem Oberlandesgericht Bamberg bekam er recht. Begründung: Die Ehegatten wollten sich eine Möglichkeit der Abänderung für den Fall vorbehalten, dass der Sohn seiner „Familie zuwider handeln“, also ein Fehlverhalten einschlagen würde, das sich gegen die Familie richtet. Schon nach dem Wortlaut des Testamentes kämen dafür nur Verhaltensweisen in Betracht, die den Familienfrieden sowohl nachhaltig wie tiefgreifend beeinträchtigen könnten. Das sah das Gericht hier nicht.

Noch entscheidender war aus Sicht des Gerichts, dass die Eheleute seinerzeit die intellektuelle Minderbegabung ihres Sohnes im Auge hatten.

Es entspreche nicht der übereinstimmenden Zielsetzung der Ehegatten, wenn der überlebende Erblasser nach dem Tod der Ehefrau eine derartige Änderungsklausel dazu nutze, seine langjährige Lebensgefährtin neben dem Sohn zur Erbin zu machen.

OLG Bamberg vom 9.10.2020, 3 W 43/20