Direkt zum Inhalt

Freistellung nach Kündigung: Sind Überstunden damit abgegolten?

Arbeitnehmer & Auszubildende 5. Dezember 2019
Image

studio v-zwoelf / stock.adobe.com

Wird nach einer Kündigung auf Grundlage eines gerichtlichen Vergleichs ein Arbeitnehmer unwiderruflich von der Arbeit freigestellt, sind damit nicht automatisch auch seine Überstunden abgegolten. Das muss ausdrücklich vereinbart werden.

Ein Arbeitgeber kündigte seiner Sekretärin außerordentlich fristlos. Die Gekündigte setzte sich mit einer Kündigungsschutzklage dagegen zur Wehr. Vor dem Arbeitsgericht kam es zu einem Vergleich. Die außerordentliche Kündigung wurde darin in eine ordentliche, betriebsbedingte Kündigung umgewandelt. Bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses wurde die Mitarbeiterin unwiderruflich freigestellt. Die vereinbarte Vergütung wurde weiterbezahlt. Der Resturlaub war mit der Freistellung abgegolten. Eine allgemeine Abgeltungs- bzw. Ausgleichsklausel enthielt der Vergleich nicht.

Im Vergleich nicht ausdrücklich geregelt war damit die Frage, welche Auswirkung die Freistellung auf die Überstunden der Sekretärin hat. Die Frau hatte noch rund 67 »Gutstunden« auf ihrem Arbeitszeitkonto und bestand deshalb trotz des Vergleichs auf deren Abgeltung. Sie verlangte € 1.317,28 brutto nebst Zinsen.

Das Bundesarbeitsgericht entschied, mit der Freistellung in einem gerichtlichen Vergleich nach einer Kündigung wird zwar der (Rest-)Urlaubsanspruch abgegolten. Überstunden sind davon aber nur erfasst, wenn dies im Vergleich ausdrücklich vereinbart wird. Der Arbeitnehmer muss erkennen können, dass der Arbeitgeber ihn insgesamt zur Erfüllung des Anspruchs auf Freizeitausgleich von der Arbeitspflicht freistellen will.

Eine Klausel, wonach der Arbeitnehmer »unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt« wird, reicht dazu nicht aus. Ist im gerichtlichen Vergleich nicht ausdrücklich festgehalten oder aus den Umständen insgesamt eindeutig zu verstehen, dass die Freistellung auch dem Abbau des Arbeitszeitkontos dienen soll, bleibt der Arbeitgeber in der Pflicht.

Endet das Arbeitsverhältnis und können Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto damit nicht mehr durch Freizeit ausgeglichen werden, sind diese finanziell abzugelten.

BAG, Urteil vom 20.11.2019, 5 AZR 578/18