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Waldwanderung erfolgt auf eigene Gefahr

Wohnungseigentum & Grundbesitz 10. Juli 2020
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Maridav / stock.adobe.com

Ein Wanderer, der sich auf einem touristisch beworbenen Wandersteig schwer verletzt, kann keinen Schadensersatz von der Stadt verlangen, der das Waldgrundstück gehört. Sie haftet nicht für waldtypische Gefahren.

Ein Familienvater war auf dem „Harzer-Hexen-Steig“ unterwegs, einem touristisch beworbenen Wanderweg im Landkreis Friesland. In Höhe des Brunhildenweges stürzte ein Baum auf den Wanderer, der dadurch schwer verletzt wurde und seither querschnittsgelähmt ist.

Der Mann verlangte von der Stadt Thale, auf deren Gemarkung sich der Unfall ereignete, Schmerzensgeld in Höhe von mindestens € 200.000,-. Die Stadt habe ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt. Der Baum sei deutlich erkennbar abgestorben gewesen. Er wäre bei der Durchführung einer Baumschau sofort als sogenannter „Gefährdungsbaum“ identifiziert und gefällt worden. Das Unterlassen der Gemeinde sei somit für den Unfall verantwortlich.

Das Landgericht Magdeburg folgte mit seiner Entscheidung dem Bundesgerichtshof zur Haftung auf Wanderwegen (BGH, Urteil vom 2.10.2012, VI ZR 311/11). Es stellte fest: Ein Waldbesucher kann grundsätzlich nicht erwarten, dass der Waldbesitzer Sicherungsmaßnahmen gegen waldtypische Gefahren ergreift (z.B. Astbruch, umstürzende Bäume). Auf Wanderwegen müssen nicht sämtliche Gefahren ausgeschlossen werden.

Das Betreten des Waldes erfolgt vielmehr auf eigene Gefahr. Damit verbundene Risiken gehören grundsätzlich zum entschädigungslos hinzunehmenden allgemeinen Lebensrisiko. Ein Wanderer oder Spaziergänger muss also mit waldtypischen Gefahren auch auf Waldwegen rechnen. Er ist in erster Linie selbst für seine Sicherheit verantwortlich.

Dieser Wertung lässt sich auch aus der gesetzlichen Risikoverteilung des entsprechenden Landeswaldgesetztes ableiten. Danach haftet selbst auf stark frequentierten und touristisch beworbenen Waldwegen der Waldbesitzer nicht für waldtypische Gefahren. Es bleibt beim Grundsatz: Wandern im Wald erfolgt auf eigene Gefahr.

Die Richter schlussfolgerten: Würde völlige Gefahrlosigkeit der Wanderwege verlangt, müssten Outdoor-Fans auf reizvolle Routen im Bergland oder einsame Waldpfade im Flachland aus Haftungsgründen verzichten.

LG Magdeburg, Urteil vom 4.3.2020, 10 O 701/19; n. rk.