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Ein Buggy darf auf einem Treppenabsatz abgestellt werden

Wohnungseigentum & Grundbesitz 16. September 2022
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Creativa Images / stock.adobe.com

Wer beim Versuch, einen Kinderwagen beiseitezuschieben, um an die davon blockierten Briefkästen zu gelangen, stürzt, kann kein Schmerzensgeld verlangen. Es liegt kein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht vor.

In einem Mehrfamilienhaus gelangte man über einen etwa 4 m2 großen Treppenabsatz zum Hauseingang. Dort waren die Briefkästen der Hausbewohner angebracht. Eine der Mieterinnen stellte auf diesem Treppenabsatz regelmäßig ihren Kinderwagen ab.

Eine andere Mieterin behauptete, sie habe am 6.2.2020 den Buggy zur Seite schieben müssen, um an ihren Briefkasten zu gelangen. Dabei sei sie mit dem Ärmel am Griff des Kinderwagens hängen geblieben. Deshalb sei sie gegen die Hauswand gestürzt und habe sich an der Schulter verletzt.

Die Verletzte argumentierte, die Mieterin habe den Kinderwagen nicht auf dem Treppenabsatz abstellen dürfen. Sie habe dadurch die Verletzung fahrlässig verursacht. Der Vermieter hätte das verhindern müssen. Beide gemeinsam seien wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht verantwortlich und schuldeten ihr daher ein Schmerzensgeld von mindestens € 10.000,–.

Die verklagte Mieterin wie auch der Vermieter lehnten ab. Sie argumentierten, der Treppenabsatz sei groß genug, um dort einen Kinderwagen abzustellen.

Das Landgericht Koblenz stellte klar, es liegt kein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht vor, wenn ein Kinderwagen auf dem Treppenabsatz vor den Briefkästen abgestellt wird.

Es gibt kein allgemeines Verbot, andere zu gefährden. Es kann zugleich nicht jeder erdenklichen Gefahr vorbeugend begegnet werden. Sicherheitsmaßnahmen, die jede Schädigung ausschließen, sind somit im praktischen Leben nicht erreichbar.

Rechtlich geboten sind vielmehr nur »die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren«. Dem wurde hier genügt.

Es liegt nicht nahe, dass jemand durch das Abstellen eines Kinderwagens vor einer Briefkastenanlage zu Schaden komme. Es muss vernünftigerweise keiner damit rechnen, dass sich jemand beim Umstellen eines kleinen Kinderwagens verletzt. Auf dem Treppenabsatz war ausreichend Platz, um den Buggy gefahrlos beiseiteschieben zu können. Folge: Die Frau hat keinen Schmerzensgeldanspruch.

LG Koblenz, Urteil vom 16.3.2022, 4 O 213/21