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Google: »Recht auf Vergessen« gilt nicht generell für ältere Artikel

Internet & Telekommunikation 25. Oktober 2018
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Nicola / stock.adobe.com

Ob ein Löschungsanspruch im Internet besteht, bedarf stets der Abwägung. Google kann nicht gezwungen werden, ältere negative Presseberichte über eine Person zu unterdrücken – selbst wenn diese Gesundheitsdaten enthalten.

Über den ehemaligen Geschäftsführer einer gemeinnützigen Organisation war im Jahr 2011 in verschiedenen Online-Artikeln berichtet worden, dass er sich aus gesundheitlichen Gründen hat krankschreiben lassen, nachdem die Organisation, für die er tätig war, rote Zahlen schrieb.

Der Mann wollte nun unterbinden, dass nach Eingabe seines Namens in die Google-Suche weiterhin Links auf entsprechende Presseberichte angezeigt werden. Er stützte seinen Löschungsanspruch auch auf die aktuelle Datenschutzgrundverordnung (Art. 17 DSGVO). Ohne Erfolg.

Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main stellte klar: Es gibt kein generelles »Recht auf Vergessenwerden«. Google darf es deshalb nicht grundsätzlich untersagt werden, weiterhin ältere negative Presseberichte über eine Person in der Trefferliste anzuzeigen. Das gilt selbst dann, wenn die verlinkten Presseinformationen Gesundheitsdaten enthalten.

Im Einzelfall ist stets das Recht auf informationelle Selbstbestimmung mit dem Recht von Google und seinen Nutzern auf Kommunikationsfreiheit abzuwägen.

In diesem Fall hat der ehemalige Geschäftsführer keine klar erkennbare Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts dargelegt. Sie ist zudem im Ergebnis auszuschließen, da die ursprüngliche Presseberichterstattung rechtmäßig war.

Es bestand jedoch ein erhebliches öffentliches Interesse an dem Fall. Dieses umfasste auch die gesundheitsbezogenen Angaben des Mannes. Sie erklärten, warum er zu Mitarbeit in der Krise der Organisation nicht zur Verfügung stand.

Das anerkannte »Recht auf Vergessen« greift in diesem Fall nicht. Allein die Tatsache, dass sechs bis sieben Jahre vergangen sind, lässt nicht eindeutig den Schluss zu, dass jegliches Informationsinteresse erloschen ist.

Durch das Inkrafttreten der DSGVO ergibt sich nach Auffassung der Richter des OLG Frankfurt/Main im Ergebnis keine Änderung dieser rechtlichen Abwägung: Auch danach kommt es darauf an, ob das Interesse des Einzelnen schwerer wiegt als das Öffentlichkeitsinteresse.

Beachten Sie: Dies widerspricht einer EuGH-Entscheidung zur früheren Rechtslage. Danach soll grundsätzlich das öffentliche Informationsinteresse überwiegen. Das OLG Frankfurt/Main hat deshalb die Revision zum BGH zugelassen. Rechtsfragen im Zusammenhang mit der DSGVO sind von grundlegender Bedeutung und somit höchstrichterlich zu klären.

OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 6.9.2018, 16 U 193/17; n. rk.