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Facebook: Kein Zugriff der Eltern auf Konto der verstorbenen Tochter

Internet & Telekommunikation 20. Juni 2017
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Facebook: Kein Zugriff der Eltern auf Konto der verstorbenen Tochter

© fulltimegipsy / adobe.stock.com

Rechtsfragen zum digitalen Nachlass sind noch nicht abschließend geklärt. Eltern sollen jedenfalls keinen Anspruch auf Herausgabe der Facebook-Zugangsdaten ihrer verstorbenen Tochter haben, so das Kammergericht Berlin.

Eine Mutter, deren 15-jährige Tochter im Jahr 2012 unter ungeklärten Umständen in Berlin von einer U-Bahn überfahren wurde, erhoffte sich von den Chat-Nachrichten auf deren Facebook-Account Aufschluss über die Todesumstände (z. B. Hinweise auf einen möglichen Suizid). Das Konto war von Facebook entsprechend seiner Richtlinien in einen „Gedenkzustand“ versetzt worden. Damit ist der Zugang zum Account gesperrt.

Im Streit stehen hier Erbrecht und Fernmeldegeheimnis. Auf der einen Seite die Frage, ob ein Erbe grundsätzlich auch in höchstpersönliche Rechtspositionen ohne vermögensrechtliche Auswirkungen eintreten kann – wie beispielsweise den Nutzungsvertrag mit Facebook. Auf der anderen Seite der Schutz des Fernmeldegeheimnisses der Kommunikationspartner. Denn wenn die Eltern auf alle Nachrichten der Tochter zugreifen dürfen, können sie auch private Nachrichten von Nutzern zu lesen, die diese im Glauben verschickt haben, sie ausschließlich an die Tochter zu adressieren.

Abweichend von der Vorinstanz hat das Berliner Kammergericht den Anspruch der Erben auf Einsicht in den Facebook-Account der verstorbenen Tochter verneint: Facebook muss den Eltern keinen Zugriff auf das Nutzerkonto gewähren.

Das Gericht schloss zwar nicht aus, dass die Erben in den Vertrag mit Facebook eingerückt sind und ihnen insofern „passive Leserechte“ zustehen könnten. Doch fehlt es hier an genauen Regelungen in den Nutzungsbedingungen von Facebook.

Doch selbst wenn man davon ausgeht, dass der Account in das Erbe gefallen ist, geht der Schutz des Fernmeldegeheimnisses vor. Dieser bezieht sich auch auf E-Mails, die auf Servern von Providern gespeichert werden.

Dieses Grundrecht kann nur durch Gesetz eingeschränkt werden. Doch der Gesetzgeber hat den vorliegenden Fall (bislang) nicht geregelt.

Bei Minderjährigen verhilft das Recht der elterlichen Sorge nicht zu einem gesetzlichen Anspruch. Denn dieses Recht erlischt mit dem Tod des Kindes. Auch aus dem Recht der Eltern zur Totenfürsorge kann kein Anspruch auf Zugang zum Facebook-Account hergeleitet werden. Ebenso wenig aus dem Persönlichkeitsrecht der Mutter – auch wenn der Wunsch, die Gründe für den tragischen Tod des Kindes näher zu erforschen, verständlich ist.

KG Berlin, Urteil vom 31. 5. 2017, 21 U 9/16; n. rk. 

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