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Notarielles Testament am Sterbebett: Ein gehauchtes „Ja“ reicht

Erben & Schenken 1. April 2020
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Erica Guilane-Nachez / stock.adobe.com

Wer als Erblasser in der finalen Lebensphase nicht mehr eigenständig ein Testament verfassen und unterschreiben kann, hat die Möglichkeit, seinen Letzten Willen mittels eines Notars zu bestimmen. Auch mit schwacher Stimme.

Die Mutter von zwei Brüdern war im Jahr 2014 in eine Pflegeeinrichtung gekommen. Im Januar des Jahres 2015 verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand merklich.  Daraufhin organisierte der eine Sohn am 2.2.2015 den Besuch eines Seelsorgers, des Hausarztes sowie eines Notars bei der Frau.

Der Notar versuchte ein Testament mit folgendem Inhalt zu beurkunden:

„Zu meinem alleinigen Erben setze ich meinen Sohn A ein. Weitere Verfügungen von Todes wegen will ich nicht treffen.“

Erst nachdem der Notar der Frau den Text vorgelesen hatte, stellte sich heraus, dass sie nicht mehr in der Lage war, ihr Testament zu unterschreiben. Daraufhin verständigte der Notar einen weiteren Notar, um diesen als Zeugen hinzuzuziehen. Kurz danach erschien dieser. Auf die daraufhin an die Erblasserin gerichtete Frage, ob das Testament ihrem letzten Willen entspreche, antwortete sie mit einem „gehauchten Ja“. Eine halbe Stunde später verstarb die Erblasserin.

Der so enterbte Bruder hielt das Testament für unwirksam. Die Erblasserin sei nicht mehr testierfähig gewesen. Ein nur „gehauchtes Ja“ reiche für ein wirksames Testament nicht aus. Auch sei der Inhalt des Testaments mit der Erblasserin nicht besprochen worden. Die Mutter habe vielmehr den Wunsch gehabt, dass das Vermögen zwischen den beiden Brüdern gleichmäßig aufgeteilt wird.

Sowohl die beiden beteiligten Notare als auch der Priester, der die Erblasserin am ihrem Sterbetag besucht hatte, teilten dem Gericht ihren Eindruck mit, dass sie die Erblasserin als testierfähig wahrgenommen hätten. Zu der gleichen Einschätzung kam auch die vom Gericht vernommene Pflegeleiterin. Lediglich der Hausarzt hatte den Eindruck, dass am Todestag der Erblasserin Anzeichen für eine Testierunfähigkeit gegeben hatte.

Das zuständige Oberlandesgericht Hamm stellte fest, der enterbte Sohn habe nicht beweisen können, dass seine Mutter im maßgeblichen Zeitpunkt testierunfähig war. Insbesondere der Hausarzt der Erblasserin hatte dem Gericht bestätigt, dass seine Bedenken hinsichtlich der Testierfähigkeit der Erblasserin eher genereller Natur gewesen sind.

Das von der Erblasserin nur gehauchte „Ja“ reiche im Übrigen für ein wirksames notarielles Testament aus. Im Zweifel könne auch ein Kopfnicken oder Kopfschütteln bzw. jede Art von Geste oder Gebärde“ als mündliche Erklärung ausreichen. Im Ergebnis wurde die Erblasserin damit alleine von dem einen Sohn beerbt. Der andere Sohn war durch das Testament auf seinen Pflichtteil gesetzt worden.

OLG Hamm, Beschluss vom 15.11.2019, 10 W 143/17