Direkt zum Inhalt

Wann handelt ein eBay-Schnäppchenjäger rechtsmissbräuchlich?

Dienstleistung, Handel & Privatverkäufe 26. Juli 2019
Image

ArtemSam / stock.adobe.com

eBay-Schnäppchenjäger handeln nicht per se rechtsmissbräuchlich, wenn sie nach einer abgebrochenen Auktion Schadensersatz fordern. Ab wann dies missbräuchlich ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Allgemeingültige Kriterien gibt es nicht.

Ein eBay-Verkäufer bot einen hochwertigen Reifensatz zu einem Startpreis vom € 1,- an, beendete die Auktion aber vorzeitig. Der Höchstbietende zu diesem Zeitpunkt forderte den Verkäufer auf, den Radsatz zum Kaufpreis von € 201,- herauszugeben.

Er berief sich dabei auf die Nutzungsbedingungen von eBay. Danach kommt mit dem Höchstbietenden ein Kaufvertrag trotz vorzeitiger Beendigung der Auktion zustande, sofern der Anbieter nicht »gesetzlich« zur Rücknahme des Angebots berechtigt war.

Der Verkäufer gab dazu an, die Reifen waren in einer Garage eines Bekannten gelagert und seien dort gestohlen worden. Davon habe er erst unmittelbar vor Abbruch der Auktion erfahren. Die Lieferung sei ihm somit unmöglich.

Der Höchstbietende forderte vom eBay-Verkäufer daraufhin Schadensersatz in Höhe von € 1.500,-. Dieser hielt ihm entgegen, er sei ein »eBay-Abbruchjäger«. Er habe bei vielen Auktionen sehr niedrige Gebote abgegeben. Diese Produkte habe er gar nicht erwerben wollen, sondern nur auf einen vorzeitigen Abbruch der Auktion gehofft, um Schadensersatz vom Verkäufer verlangen zu können. Sein Verhalten sei rechtsmissbräuchlich. Dies stehe dem Schadensersatzanspruch entgegen.

Der Bundesgerichthof schloss sich dieser Auffassung nicht an. Der Höchstbietende hat Anspruch auf Schadensersatz. Der Verkäufer konnte nicht nachweisen, dass die Reifen gestohlen wurden und er deshalb die Auktion vorzeitig abbrechen durfte.

Allein die Tatsache, dass jemand viele niedrige Gebote in der Vergangenheit abgegeben hat, spricht nicht für einen Rechtsmissbrauch. Ein Schnäppchen zu machen, ist gerade der Reiz einer Internetauktion und grundsätzlich eine redliche Absicht.

Für die Frage, ob sich ein eBay-Schnäppchenjäger rechtsmissbräuchlich verhält, sind die konkreten Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend. Abstrakte, allgemeingültige Kriterien, nach denen ein »Schnäppchenjäger« seine Rechte missbraucht und zum »Abbruchjäger« wird, gibt es nicht.

Ein Rechtsmissbrauch liegt nur in Ausnahmefällen vor, beispielsweise will der Bieter die Ware von vornherein gar nicht erwerben und hofft auf ein Scheitern des Vertrages. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Denn nachweislich hatte hier der eBay-Käufer alle Artikel, auf die er erfolgreich geboten hatte, abgenommen.

BGH, Urteil vom 22.05.2019, VIII ZR 182/17