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Wann gilt Kleingedrucktes als „gestellt“?

Dienstleistung, Handel & Privatverkäufe 8. August 2016
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© p365.de / fotolia.com

AGB sind auch dann „gestellt“, wenn die vorformulierten Vertragsbedingungen dem anderen Vertragsteil mit der Bitte übersandt werden, Anmerkungen oder Änderungswünsche mitzuteilen. Das allein reicht nicht für ein individuelles Aushandeln.

AGB stellen oder aushandeln?

AGB werden nur dann wirksamer Vertragsbestandteil, wenn der Verwender den Verbraucher bei Vertragsschluss ausdrücklich auf sie hinweist (z. B. durch Aushang im Kassenbereich oder durch Abdrucken auf der Rückseite eines Vertrages).

Wichtig ist dabei, dass die AGB vom Verwender einseitig in den Vertrag eingebracht - also „gestellt“ -  werden. Die Vertragsbedingungen sind dann nicht zwischen den Vertragspartnern individuell ausgehandelt.

Diese Unterscheidung ist rechtlich unter anderem deshalb relevant, weil individuelle Vertragsabreden Vorrang vor dem „Kleingedruckten“ haben. Voraussetzung für das Vorliegen einer Individualvereinbarung ist, dass die entsprechende Klausel ausgehandelt wurde.

Der Streitfall

Ein Streit zwischen einem pharmazeutisches Unternehmen und einem Arzneimittelgroßhändler um die Wirksamkeit einer Vertragsstrafen-Regelung bot dem Bundesgerichtshof neuerlich Gelegenheit zu klären, wann AGB als „gestellt“ gelten.

Hier hatte eine Vertragspartei der anderen einen vorformulierten Vertrag vorgelegt, der eine Regelung zur Vertragsstrafe enthielt. Der Verwender der AGB hatte den Vertrag gemeinsam mit folgendem schriftlichen Hinweis übermittelt: „Anbei erhalten Sie den Vertrag (...). Falls Sie Anmerkungen oder Änderungswünsche haben, lassen Sie uns dies bitte wissen.“

Die Vertragsgegenseite reagierte hierauf nicht, sondern unterzeichnete den übersandten Vertrag und schickte diesen zurück.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes

Der BGH knüpfte in seiner Entscheidung an seine ständige Rechtsprechung an: Aushandeln setzt voraus, dass der Verwender der AGB bereit ist, über den Vertragsinhalt zu verhandeln. Dazu muss er seine Verhandlungsbereitschaft dem Vertragspartner gegenüber eindeutig und ernsthaft erklären.

Im vorliegenden Fall hat der Verwender zwar eine gewisse Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Er hat der Vertragsgegenseite aber durch die bloße Frage nach Anmerkungen oder Änderungswünschen nicht tatsächlich die Gelegenheit eingeräumt, alternativ eigene Textvorschläge in die Verhandlung einzubringen, die auch tatsächlich die Möglichkeit der Durchsetzung gehabt hätten. Das reicht für ein individuelles Aushandeln der Vertragsbedingungen nicht aus. Hier ist weiterhin von einem „Stellen“ der AGB auszugehen.

BGH, Urteil vom 20. 1. 2016, VIII ZR 26/15, NJW 2016 S. 1230