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Unzulässige AGB-Klauseln können zu einer falschen Widerrufsbelehrung führen

Dienstleistung, Handel & Privatverkäufe 19. November 2021
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eccolo / stock.adobe.com

Ein Unternehmer kann sich nicht auf die gesetzliche Schutzwirkung der Muster-Widerrufsbelehrung berufen, wenn er außerhalb der Widerrufsbelehrung eine weitere, unzulässige Klausel verwendet.

Die Nutzerin einer Online-Partnervermittlung schloss eine 12-monatige Premium-Mitgliedschaft zum Preis von € 269,40 ab. Die Frau wurde ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt. Sie forderte die Agentur auf, sofort mit der Ausführung der Leistungen zu beginnen, nachdem sie über eine Wertersatzpflicht für den Fall des Widerrufs unterrichtet worden war.

Die Online-Partnervermittlung verwendete außerhalb des Musterformulars in ihren AGB eine für sich selbst günstige Klausel zur Berechnung des Wertersatzes im Rahmen des Widerrufs.

Vier Tage später widerrief die Klägerin den Vertrag. Die Beklagte bestätigte diesen und verlangte für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen in Höhe von € 202,05. Über diesen Wertersatzanspruch entstand ein Streit. Die Klausel war so gefasst, dass die Berechnung des Wertersatzes zu dem beinahe 20-Fachen des gesetzlich höchstens geschuldeten Betrags führte. Nach der gesetzlichen Regelung betrug der Wertersatzanspruch nur € 10,33.

Der Bundesgerichtshof entscheid, der Partnervermittlungsagentur steht kein Anspruch auf Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen zu. Die Klausel über den Wertersatz weicht erheblich von der gesetzlichen Muster-Widerrufsbelehrung zum Nachteil des Verbrauchers ab und führt ihn in die Irre. Der Kunde wird durch die abweichende Regelung möglicherweise davon abgehalten, sein Widerrufsrecht auszuüben.

Folge: Die Klausel unzulässig. Die Muster-Widerrufsbelehrung ist dabei nicht isoliert zu betrachten, sondern ebenfalls mit Blick auf entsprechende Klauseln außerhalb der Widerrufsbelehrung, die diese inhaltlich ergänzen. Im Ergebnis führt das dazu, dass insgesamt nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht informiert wurde und damit auch der Wertersatzanspruch entfällt.

Denn nur wenn die gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung verwendet wird, gilt die sogenannte »Privilegierung«. Der Unternehmer kann in diesem Fall darauf vertrauen, dass bei Verwendung des gesetzlichen Musterformulars eine ordnungsgemäße Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht erfolgt ist. Etwaige Unzulänglichkeiten des Musterformulars gehen nicht zulasten des Unternehmers. Anders aber, wenn er zusätzlich eigene, fehlerhafte AGB verwendet, die es inhaltlich abändern.

BGH, Urteil vom 20.5.2021, III ZR 126/19