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Stromversorgung: Keine Versorgungssperre sofern Messgerät nicht überprüft

Dienstleistung, Handel & Privatverkäufe 24. September 2019
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andriano_cz / stock.adobe.com

Ein Stromversorger muss „schlüssig begründeten“ Einwänden eines Kunden nachgehen und den Stromzähler genau prüfen. In einem solchen Fall darf er die Grundversorgung wegen Zahlungsverzuges nicht einfach unterbrechen.

Ein Stromkunde erhielt von seinem Energieversorger eine Jahresrechnung für das Jahr 2015 über einen Betrag von rund € 8.000,-. Diese Rechnung erschein dem Kunden für den Verbrauch einer 4-köpfigen Familie zu hoch.

Der Kunde bezahlte die Rechnung erst einmal nicht, sondern widersprach ihr sofort und verwies auf Ungereimtheiten aus den beiden Vorjahren. Auch in diesen Abrechnungsperioden waren Fehler aufgetreten und die Jahresrechnungen mussten drastisch nach unten korrigiert werden (z. B. im Jahr 2013 von € 8.000,- Euro für 30.000 kW/h auf rund € 1.700,- für 6.000 kW/h). Diese Verbrauchszahlen hätten sich für das Jahr 2014 bestätigt (hier: € 1.900,- für 6.600 kW/h). Dass sich für 2015 der Stromverbrauch angeblich wieder verfünffacht habe, führte der Kunde auf einen Messfehler zurück.

Das Versorgungsunternehmen prüfte daraufhin den Stromzähler, konnte aber von außen nichts Auffälliges feststellen. Nach Auffassung des Energieversorgers befand sich der Kunde somit im Zahlungsverzug über einen Betrag von mehr als € 100,- und wollte eine Versorgungssperre verhängen. Der Kunde setzte sich dagegen zur Wehr.

Mit Erfolg, so das Urteil des Amtsgerichts Marburg. Eine Unterbrechung der Stromversorgung muss der Kunde nicht hinnehmen. Zwar darf ein Grundversorger die Versorgung wegen Zahlungsverzugs einstellen, wenn der Kunde mit mindestens € 100,- Euro in Verzug ist.

Aber es liegt kein Zahlungsrückstand vor, wenn die Rechnung form- und fristgerecht beanstandet und die Beschwerde auch schlüssig begründet wurde. So wie in diesem Fall. Der Kunde durfte nach den Verbrauchs- und Rechnungskorrekturen der Vorjahre zu Recht verlangen, dass der Stromzähler geprüft wird, nachdem der Stromverbrauch ohne ersichtlichen Grund (angeblich) um ein Vielfaches gestiegen war.

Dieser Aufforderung ist der Versorger nicht ausreichend nachgekommen. Eine äußere Prüfung des Zählers reicht nicht aus, um verlässlich feststellen zu können, ob das Gerät ordnungsgemäß funktioniert.

Mangels ausreichender Prüfung konnten die fundierten Einwände des Kunden nicht entkräftet werden und dieser darf weiterhin die Bezahlung der überteuerten Stromrechnung verweigern, ohne dass ihm eine Versorgungssperre droht.

AG Marburg, Urteil vom 16. 2. 2017, 9 C 757/16