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Schadensersatz für Risse im Altbau durch Tiefbauarbeiten nebenan?

Dienstleistung, Handel & Privatverkäufe 21. März 2019
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Igor / stock.adobe.com

Ein Bauunternehmer, der auf einem Grundstück einen Neubau errichtet, haftet, wenn nach seinen Tiefbauarbeiten am Altbau des Nachbargrundstücks Risse auftreten. Der Werkvertrag entfaltet hier eine Schutzwirkung zugunsten Dritter.

Auf einem Grundstück stand ein Einfamilienhaus aus der Gründerzeit. Auf dem Nachbargrundstück wurde ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage errichtet. Um die Baugrube abzusichern, brachte der beauftragte Tiefbauunternehmer mehrere acht Meter lange Stahlträger in den Boden ein, die teils nur in einem Abstand von 60 cm zum Nachbargrundstück standen. Dazwischen wurden Stahlbleche eingesetzt.

Der Bauunternehmer hatte dazu acht Meter tiefe Löcher in den Boden gebohrt und dann mit einem großen Rammgerät die Eisenträger eingebracht. Als die Tiefbauarbeiten abgeschlossen waren, wurden die Eisenträger wieder gezogen. Der Eigentümer des Altbaus auf dem Nachbargrundstück stellte in der Folge Risse am Bau fest.

Er verlangte vom Bauunternehmer Schadensersatz in Höhe von € 20.000,-. Der wollte nicht bezahlen und argumentierte, der Altbau sei in einem maroden Zustand und gehöre abgerissen. Er habe schon vor den Bauarbeiten Risse gehabt. Sofern sich diese Risse vergrößert haben, kämen auch andere Ursachen als die Tiefbauarbeiten dafür in Betracht, beispielsweise eine Grundwasserabsenkung, für die ein anderer Unternehmer einzustehen habe.

Das Oberlandesgericht Oldenburg sprach den Eigentümern des Altbaus den Schadensersatzanspruch zu. An ihrem Haus zeigen sich Risse, die durch die Tiefbauarbeiten wegen des Neubaus auf dem Nachbargrundstück entstanden sind bzw. verstärkt wurden. Dies wurde durch Sachverständigengutachten belegt. Eine mögliche Absenkung des Grundwasserspiegels ist allenfalls in geringem Umfang mitursächlich, sie steht der Haftung des Tiefbauunternehmers nicht entgegen.

Die Risiken einer Versackung bei Vibrationsarbeiten in unmittelbarer Nähe eines Hauses sind vorhersehbar und typisch. Der damit beauftragte Unternehmer haftet, wenn er durch diese Arbeiten die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten verletzt. Diese gelten auch gegenüber Dritten – hier zugunsten der Eigentümer des Nachbargrundstücks. Das ergibt sich aus den Schutzpflichten des Werkvertrages, den der Unternehmer mit dem Bauherrn geschlossen hat.

OLG Oldenburg, Urteil vom 15. 8. 2017, 12 U 61767