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Online-Verträge dürfen auch per Brief gekündigt werden

Dienstleistung, Handel & Privatverkäufe 15. September 2021
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Marco2811 / stock.adobe.com

Unternehmen dürfen ihren Kunden nicht vorschreiben, dass sie online geschlossene Verträge zwingend elektronisch kündigen müssen. Denn auch eine Kündigung per Brief ist zulässig.

Ein Energieversorger vertrieb seine Produkte nicht nur im Internet, sondern warb dafür auch auf Wochenmärkten. Die Kunden konnten die Gaslieferverträge etwa telefonisch unter Angabe einer E-Mail-Adresse abschließen. Die Vertragsbestätigung erhielten die Kunden nach Verifizierung ihrer E-Mail im Kundenportal.

In den Vertrags-AGB war geregelt: »Diese Lieferverträge sind reine Online-Verträge, d.h. die Kommunikation erfolgt ausschließlich auf elektronischen Kommunikationswegen.« Somit war es den Kunden versagt, eine Kündigung oder einen Widerruf des Vertrags per Brief abzugeben. Wer den Postweg gleichwohl beschritt, musste mit einer »verursachergerechten Gebühr« rechnen, die nicht näher beziffert war.

Verbraucherschützer monierten diese Regelungen. Kunden sollen die Wahlfreiheit haben, wie sie mit einem Unternehmen kommunizieren. Es sei unzulässig, Kündigungen per Brief auszuschließen. Kunden werden durch die Regelung diskriminiert, wenn Sie am Postweg festhalten.

Das Landgericht Hamburg urteilte: Der Wortlaut der AGB schließt jede andere als eine elektronische Kommunikation mit dem Energieversorger unzulässigerweise aus. Kunden dürfen nach dem Gesetz auch mit einem einfachen Brief oder per Einschreiben kündigen sowie andere Erklärungen abgeben. Die Klausel lässt einen durchschnittlichen Vertragspartner darüber im Unklaren, wie und in welcher Form er ein Vertrag wirksam kündigen kann. Es ist irreführend, denn beim Kunden wird der fehlerhafte Eindruck erweckt, dass er nicht auch per Brief kündigen darf.

Weiter bleiben die mit der »Entgeltklausel« verbunden Kosten für Briefpost für Kunden völlig unklar. Diese intransparente Regel ist ebenfalls unwirksam. Es ist für Kunden nicht abzusehen, was ihnen als „verursachergerecht“ in Rechnung gestellt wird, wenn sie in anderer als elektronischer Form mit dem Unternehmen in Kontakt treten (z.B.: Ob neben dem Porto weitere Kosten für Material oder Bearbeitungsgebühren in Rechnung gestellt werden können?). Die Kosten können dadurch unangemessen hoch ausfallen.

LG Hamburg, Urteil vom 29.4.2021, 213 O 94/20; n. rk.