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Ist eine gelegentliche Funktionsstörung einer Digitalkamera ein Sachmangel?

Dienstleistung, Handel & Privatverkäufe 23. Oktober 2020
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Goffkein / stock.adobe.com

Treten im Winter bei Außenaufnahmen manchmal Probleme auf, stellt das bei einer Digitalkamera keinen Mangel dar. Bei Kälte müssen Fotografen damit rechnen, dass eine Kamera nicht jederzeit problemlos funktioniert.

Ein Kunde hatte eine hochwertige Digitalkamera mit Bildstabilisator und Objektiv im Wert von € 1.799,- online erworben. Er wollte mit dieser Kamera insbesondere winterliche Tieraufnahmen im Freien machen.

Wenige Monate nach dem Kauf beanstandete er Mängel der Kamera und verlangte den Kaufpreis zurück. Bei niedrigen Temperaturen vibriere das fokussierte Objekt, es wackle im Sucher und im Display. Diese Störung lasse sich nur verhindern, wenn der Bildstabilisator deaktiviert werde. Doch der würde insbesondere für Tierfotos benötigt.

Der Online-Händler bestritt das Vorliegen eines Mangels. Arbeite eine Kamera bei Kälte nicht optimal, sei das normal. Er empfahl deshalb, Kameras bei Kälte nicht über Nacht im Auto zu lagern, nicht lange zu benützen und zwischendurch warmhalten.

Im Prozess prüfte ein Sachverständiger das Gerät und stellte fest: Die beschriebenen Fehler traten beim Fotografieren tatsächlich auf – allerdings nur, wenn die Kamera mit Objektiv vorher mindestens 24 Stunden lang auf 3°C abgekühlt wurde. Der Fehler war laut Gutachten bereits bei einer Kühlung von 17 Stunden nicht mehr nachweisbar.

Das Amtsgericht München entschied auf dieser Grundlage: Die Kamera ist nicht mangelhaft, der Händler muss die Ware nicht zurücknehmen. Es handelt sich hier um eine gelegentliche Störung unter Extrembedingungen.

Bei Kälte können Fotografen nicht damit rechnen, dass eine Kamera jederzeit problemlos funktioniert. Extrembedingungen gehören nicht zu den »gewöhnlichen Nutzungsbedingungen«, denen das Produkt gewachsen sein muss. Das ergibt sich auch aus dem Bedienungshandbuch.

Die Kamera ist zudem auch bei 3°C einsatzbereit. Probleme treten erst auf, wenn sie dieser Temperatur über 14 Stunden ausgesetzt wird. Das Gericht hielt es zudem für unwahrscheinlich, dass ein Durchschnittsfotograf sich angesichts winterlicher Temperaturen und Lichtverhältnisse länger als zwölf Stunden ohne Unterbrechung im Freien aufhält.

Allein aus dem Preis ergibt sich keine Beschaffenheitsgarantie für besondere Einsätze. Vertraglich wurde ebenfalls keine besondere Eignung für winterliche Außenaufnahmen vereinbart.

Folge: Mit gelegentlichen Störungen unter Extrembedingungen muss der Käufer rechnen, selbst wenn er eine technisch ausgefeilte Kamera erworben hat.

AG München, Urteil vom 8.6.2020, 191 C 4038/17; n. rk.