Halterhaftung: Halter nicht gleich Fahrer
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Ein Mann erhielt einen Bußgeldbescheid über 30 Euro wegen Überschreitung der zulässigen Parkdauer. In dem Bescheid wurde ihm vorgeworfen, als „Halter und Fahrer“ gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen zu haben. Der Betroffene widersprach dem Vorwurf und machte geltend, dass er zwar Halter des Fahrzeugs sei, aber nicht selbst gefahren oder für das Parken verantwortlich gewesen sei. Nachdem er vor dem Amtsgericht keinen Erfolg hatte, legte er Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.
Das Bundesverfassungsgericht gab dem Mann recht. Die Richter stellten klar, dass allein aus der Haltereigenschaft nicht automatisch geschlossen werden darf, dass der Halter auch der Fahrer war. Das Amtsgericht hatte keine konkreten Feststellungen dazu getroffen, ob der Mann den Parkverstoß selbst begangen oder ihn nicht verhindert hatte. Es stützte sich lediglich auf den Bußgeldbescheid, Lichtbilder des parkenden Fahrzeugs und die Tatsache, dass der Mann als Halter eingetragen war.
Diese Beweismittel reichten dem Bundesverfassungsgericht nicht aus. Auch das Schweigen des Mannes durfte nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden. Die Entscheidung betont, dass die Halterhaftung beim Bußgeld nicht pauschal angenommen werden darf, wenn keine weiteren Beweise vorliegen. Die Haltereigenschaft allein hat keinen ausreichenden Beweiswert für die Fahrereigenschaft.
Die Halterhaftung Bußgeld ist damit rechtlich enger auszulegen, als es in der Praxis häufig geschieht. Gerichte müssen sorgfältig prüfen, ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Haltereigenschaft und Fahrereigenschaft besteht. Das Bundesverfassungsgericht erinnerte daran, dass bereits seit Jahren ein gefestigter rechtlicher Grundsatz besteht: Die Haltereigenschaft allein genügt nicht, um eine Ordnungswidrigkeit nachzuweisen. Vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die die Fahrereigenschaft belegen. Das Urteil stärkt die Rechte von Fahrzeughaltern und setzt ein klares Signal für eine differenzierte Betrachtung in Bußgeldverfahren. Es zeigt auch, dass rechtliches Vorgehen gegen vermeintlich eindeutige Bußgeldbescheide durchaus Erfolg haben kann – insbesondere dann, wenn die Beweislage lückenhaft ist.
BVerfG, Beschluss vom 17.5.2024, 2 BvR 1457/23