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Probezeit: Kurze Kündigungsfrist nur bei eindeutiger Vertragsregelung

Arbeitsvertrag & Einstellung 26. Juni 2017
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Probezeit: Kurze Kündigungsfrist nur bei eindeutiger Vertragsregelung

© F8studio / adobe.stock.com

Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass sich der Arbeitgeber auf eine kurze tarifliche Probezeit-Kündigungsfrist von zwei Wochen nicht berufen kann, wenn der Arbeitsvertrag uneingeschränkt eine 6-wöchige Kündigungsfrist vorsieht.

Der Mitarbeiter einer Zeitarbeitsfirma war seit April 2014 als Flugbegleiter an eine Airline ausgeliehen. Der vorformulierte Arbeitsvertrag der Zeitarbeitsfirma nahm Bezug auf einen entsprechenden Manteltarifvertrag. Dieser enthielt für die Probezeit besondere (sehr kurze) Kündigungsfristen.

Der Arbeitsvertrag hingegen regelte eine Probezeit von sechs Monaten und sah in § 8 – ohne weitere Anmerkungen – eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende vor.

Am 5.9.2014 erhielt der Arbeitnehmer eine Kündigung zum 20.9.2014. Dagegen erhob er Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsverhältnis könne erst mit Ablauf der in § 8 des Arbeitsvertrages vereinbarten Frist gekündigt werden – also zum 31. 10. 2014. Aus dem Vertrag ergebe sich nicht, dass innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses eine kürzere Kündigungsfrist gelten solle.

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Mitarbeiter Recht. Vorformulierte Arbeitsverträge, die der Arbeitgeber vorgibt und auf die der Arbeitnehmer keinen Einfluss hat, gelten als AGB und können entsprechend den Vorschriften des BGB geprüft werden.

Handelt es sich um mehrdeutige Regelungen, sind diese so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht.

Hier besteht eine solche unklare Regelung hinsichtlich der Frage der zulässigen Kündigungsfrist. Steht in einem Arbeitsvertrag, dass die ersten Monaten als Probezeit gelten sollen, kann das Arbeitsverhältnis grundsätzlich mit einer gesetzlichen Frist von zwei Wochen gekündigt werden (§ 622 Abs. 3 BGB). Das muss im Vertrag nicht nochmals ausdrücklich festgelegt werden. Im vorliegenden Fall gab es jedoch einerseits eine solche Vereinbarung der Probezeit, andererseits aber eine uneingeschränkte Regelung, dass eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gelten soll.

Die Auslegung einer solchen mehrdeutigen und widersprüchlichen Rechtslage hat zugunsten des Arbeitnehmers zu erfolgen. Dieser muss nicht rätseln, welche Frist gelten soll.

Für den Arbeitnehmer war hier nicht nachvollziehbar, dass der Verweis auf den Manteltarifvertrag und die Vereinbarung einer Probezeit für die Kündigungsfrist Bedeutung hat. Er durfte rein nach dem Wortlaut des § 8 des Vertrages auf die explizit ausgewiesene 6-wöchige Kündigungsfrist vertrauen, die dann auch in der vereinbarten Probezeit Anwendung findet.

BAG, Urteil vom 23. 3. 1017, 6 AZR 705/15