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Krankschreibung: Was trotz »gelbem Schein« erlaubt ist

Arbeitnehmer & Auszubildende 20. März 2017
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© bernardbodo / fotolia.com

Wer krankgeschrieben ist, muss nicht unbedingt zu Hause bleiben. Ihnen ist alles erlaubt, was den Heilungsprozess nicht negativ beeinflusst. Aber das Ziel ist, schnell wieder gesund zu werden.

Was der Arzt nicht verbietet, ist erlaubt

Der arbeitsrechtliche Grundsatz lautet: »Als arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer ist Ihnen alles erlaubt, was den Heilungsprozess nicht negativ beeinflusst.« Umgekehrt gilt also: Es ist alles verboten, was die Genesung verzögert oder verhindert.

Hierbei hat Ihr Arzt das letzte Wort. Für die Erlaubnis oder das Verbot einer Tätigkeit oder Aktivität sind die Diagnose und die Empfehlung des Arztes maßgeblich. Ziel ist, schnell wieder gesund zu werden.

 Wer krankgeschrieben ist, muss nicht unbedingt zu Hause bleiben. Spaziergänge sind meist erlaubt und der Genesung häufig zuträglich. Ebenso ist Einkaufen oder der Arztbesuch zulässig. Je nach Krankheitsbild und -verlauf steht weder einem Kinobesuch noch dem Sporttreiben etwas entgegen (vgl. ABC der Einzelfälle).

Eine ärztliche Empfehlung müssen Sie befolgen (z. B. Bewegung an der frischen Luft). Denn Sie sind Ihrem Arbeitgeber gegenüber in der Pflicht, alles zu tun, um möglichst schnell gesund wieder arbeiten gehen zu können.

Einzige absolute Ausnahme: Während Sie krankgeschrieben sind, dürfen Sie keiner entgeltlichen Nebentätigkeit nachgehen. Missachten Sie das Verbot, müssen Sie mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen von der Abmahnung bis hin zu einer fristlosen Kündigung rechnen.

Nicht alles, was erlaubt ist, sollte man auch tun

Wer arbeitsunfähig krankgeschrieben ist, muss nicht zwangsläufig Bettruhe halten. Rechtlich gesehen darf man alles machen, was der Genesung nicht entgegenläuft. Dabei ist von Krankheit zu Krankheit zu unterscheiden.

 Wer Fieber hat, sollte auf lange Spaziergänge im strömenden Regen verzichten; wer Rückenprobleme hat, sollte Gartenarbeit vermeiden, darf jedoch ins Kino gehen.

Der Arbeitgeber kennt die Art der Erkrankung aber nicht unbedingt. Die Diagnose ist auf der für den Betrieb vorgesehenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht vermerkt. Lediglich die Krankenkasse wird darüber auf dem Formular informiert. So kann es über die Zulässigkeit von Aktivitäten eines erkrankten Arbeitnehmers zum Streit kommen, wenn dieser von einem Kollegen oder seinem Vorgesetzten beobachtet wird.

Sie sind nur in seltenen Ausnahmefällen rechtlich dazu verpflichtet, Ihren Arbeitgeber über die Diagnose Ihrer Krankheit zu informieren (z. B. um bei einer ansteckenden Krankheit andere Mitarbeiter zu schützen). Doch können Sie Konflikte über erlaubte oder verbotene Tätigkeiten während einer Krankschreibung vermeiden, indem Sie Ihrem Arbeitgeber freiwillig die gestellte Diagnose mitteilen. Außerdem sollten Sie ihn darüber in Kenntnis setzen, wenn Sie Ihren Aufenthaltsort während der Krankschreibung zu Pflegezwecken wechseln (z. B. lassen Sie sich von Partnern, Familienangehörigen oder Freunden pflegen, mit denen Sie nicht im selben Haushalt leben).

Sind Sie krankgeschrieben und gefährden Ihre Gesundheit durch unerlaubte Tätigkeiten, verletzen Sie Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten. Sie riskieren in diesem Fall eine Abmahnung oder gar eine verhaltensbedingte (fristlose) Kündigung. Das gilt auch, wenn Sie die Krankheit nur vortäuschen. Denn durch die Vortäuschung falscher Tatsachen beziehen Sie unberechtigterweise eine Entgeltfortzahlung, was eine schwere Pflichtverletzung darstellt.

ABC der Einzelfälle

Alkohol

Alkohol verzögert in der Regel den Heilungsprozess. Deshalb sollten Sie darauf verzichten, in der Öffentlichkeit Alkohol zu trinken. Aber auch in der eigenen Wohnung sollten Sie Alkoholkonsum während der Krankschreibung möglichst unterlassen.

Autofahren

Das Steuern eines Kfz ist nur verboten, wenn die Art der Erkrankung oder die einzunehmenden Medikamente zu einer besonderen Gefährdung im Straßenverkehr führen. Hier ist die Entscheidung des Arztes maßgeblich.

Besuch im Schwimmbad oder Fitnessstudio

Für sportliche Aktivitäten ist es ratsam, sich eine ärztliche Erlaubnis zu besorgen. Schwimmen kann beispielsweise während der Krankschreibungsphase den Heilungsprozess durchaus unterstützen (z. B. sind Schwimmbadbesuche für Wassertherapie-Übungen
nach einer Verletzung des Bewegungsapparates erlaubt).

Allerdings dürfen Sie dabei die Grenze zwischen einem die Genesung fördernden Training und dem Leistungssport nicht überschreiten. Diese Grundsätze gelten auch für den Besuch eines Fitness-Studios (z. B. für Rückentraining).

Bettruhe

Hat der Arzt Bettruhe verordnet, dürfen Sie sich grundsätzlich nicht außerhalb Ihrer Wohnung bewegen – sofern Sie nicht ohnehin stationär in einem Krankenhaus untergebracht sind. Zulässige Ausnahmen von der Bettruhe sind beispielsweise Arzt- und Apothekenbesuche sowie ein notwendiger und unaufschiebbarer Einkauf (z. B. von Lebensmitteln).

Raten Ärzte statt zur Bettruhe zur größtmöglichen Schonung, sind kurze, erholsame Spaziergänge erlaubt. Verboten sind hingegen anstrengende sportliche Tätigkeiten oder der Besuch von Freizeiteinrichtungen.

Einkaufen

Mit Lebensmitteln dürfen Sie sich immer versorgen und dazu auch bei verordneter Bettruhe das Haus kurz verlassen. Allerdings sind Einkaufsbummel oder Großeinkäufe im Einkaufszentrum zu unterlassen.

Gaststätten und Restaurants

Der Besuch einer Speisegaststätte oder einer öffentlich zugänglichen Kantine ist grundsätzlich während einer Krankschreibung erlaubt. Das gilt insbesondere dann, wenn Sie sich infolge Ihrer Erkrankung nicht oder nur schwer selbst bekochen können.

Kinder zur Kita bringen

Sie dürfen Ihr Kind zur Kita bringen oder von dort abholen, wenn niemand anders einspringen kann. Das gilt wohl auch bei verordneter Bettruhe. Zwar sind Sie Ihrem Arbeitgeber gegenüber verpflichtet, nichts zu unternehmen, was Ihre Genesung gefährdet oder verzögert. Doch eine Abmahnung bzw. in schwerwiegenden Fällen eine Kündigung hat wenig Aussicht auf Erfolg. Denn im Streitfall müsste der Arbeitgeber beweisen, dass Sie Ihre Genesung gefährdet haben, indem Sie Ihr Kind zur Kita brachten.

Kinobesuch / Fernsehen / Computernutzung

Wer an einer Augenkrankheit leidet und deshalb krankgeschrieben ist, sollte den Kinobesuch unterlassen und seine Augen schonen. Gleiches gilt für die Computernutzung oder das Fernsehen. Anders, wenn Sie aus anderen Gründen krankgeschrieben sind (z. B. Erkrankung der Atemwege). Hier dürfen Sie das Kino besuchen und Ihren Rechner nutzen.

Leistungssport

Sogar Leistungssport (z. B. Teilnahme an einem Marathon) kann während einer Krankschreibung ausnahmsweise erlaubt sein, wenn er die Genesung nicht gefährdet und der Arzt ausdrücklich zustimmt (z. B. erlaubt der Arzt die Teilnahme an einem Marathon, weil durch das Laufen die Heilung einer Schulterverletzung nicht beeinträchtigt wird).

Ortswechsel

Ein Wechsel des Aufenthaltsortes kommt in Betracht, wenn Sie sich während einer Krankschreibung von Ihren Eltern oder nahen Angehörigen pflegen lassen und sich dazu in deren Haushalt einquartieren. Oder Sie ziehen aus diesem Grund vorrübergehend in die Wohnung Ihres Partners. Sofern der Ortswechsel mit einer längeren Reise oder Fahrt verbunden ist, muss der Arzt allerdings zustimmen. Denken Sie auch daran, Ihren Arbeitgeber darüber zu informieren.

Reise

Je nach Situation und Erkrankung ist im Krankenstand auch eine Reise erlaubt, sofern sie die Genesung fördert (z. B. lindern Sie eine Atemwegserkrankung durch eine Fahrt ans Meer oder in die Berge).

Wollen Sie verreisen, sollten Sie sich die Fahrt zum einen von Ihrem Arzt schriftlich genehmigen lassen. Zum anderen ist unbedingt die Erlaubnis dessen einzuholen, der während der Krankschreibung den Lohn bezahlt. Das ist in den ersten sechs Wochen der Arbeitgeber, danach zahlt die Krankenkasse. Verreisen Sie ohne die erforderliche Erlaubnis, riskieren Sie die Lohnfortzahlung bzw. das Krankengeld.

Sportferien / Skifahren

Wer trotz Krankschreibung (z. B. wegen einer Hirnhautentzündung) Wintersport treibt und sich dabei erheblich verletzt, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Diese kann sogar ohne vorhergehende Abmahnung zulässig sein. Denn Sport erfordert gute Fitness und Konzentration. Wer diese Voraussetzungen krankheitsbedingt nicht erfüllt, darf keine (gefährliche) Sportart betreiben (z. B. Skifahren gehen). Wer im Krankenstand in die Sportferien reist, verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich. Anders nur, wenn der behandelnde Arzt Sportferien für eine schnellere Genesung ausdrücklich empfiehlt.

Vorstellungsgespräch

Während einer Krankschreibung an einem Vorstellungsgespräch teilzunehmen, kann je nach der Art der Erkrankung durchaus zulässig sein. Dies gilt insbesondere, wenn der Arzt dem Patienten nur empfohlen hat, den Arm nicht zu belasten (z. B. beeinträchtigt Sie ein eingeklemmter Nerv im rechten Arm).

Darf ich krank zur Arbeit gehen?

Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nicht gleichzusetzen mit einem Arbeitsverbot. Die Bescheinigung beinhaltet lediglich die Prognose eines Arztes darüber, wie lange der Arbeitnehmer voraussichtlich nicht arbeiten kann.

Stellt sich die Arbeitsfähigkeit also früher wieder her und fühlen Sie sich fit, dürfen Sie an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren – und zwar ohne weiteren Arztbesuch. Eine »Gesundschreibung« zur Aufhebung der Arbeitsunfähigkeit ist nicht vorgesehen.

Ausnahmen gelten für Fälle ärztlich verordneter Schonung und bei ansteckenden Krankheiten. Hier dürfen Sie den Betrieb während der gesamten Dauer der Krankschreibung nicht betreten.

Beachten Sie: Gehen Sie vor Ende der Krankschreibung wieder zur Arbeit und erleiden einen Rückfall (z. B. stellt sich heraus, dass der Arbeitsantritt doch verfrüht war), müssen Sie Ihrem Arbeitgeber eine neue Krankschreibung vorlegen, selbst wenn die erste noch nicht abgelaufen war. Mit dem (vorzeitigen) Arbeitsantritt erlischt die (aktuelle) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Gehen Sie trotz Krankschreibung zur Arbeit, hat das aber keinen Einfluss auf den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. Geschützt sind auch dann Wegeunfälle auf dem Weg zur bzw. von der Arbeit nach Hause. Darüber hinaus wird unabhängig von der Krankschreibung ein medizinisch relevanter Vorfall am Arbeitsplatz nur dann als Arbeitsunfall anerkannt, wenn er in direktem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht.

Darf mein Arbeitgeber kontrollieren, ob ich wirklich krank bin?

Der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt von Gesetzes wegen ein hoher Beweiswert zu, dass Sie tatsächlich erkrankt sind. Es gilt: Solange der Hausarzt seinen Patienten krankschreibt, ist er auch krank. Einzige Ausnahme: Sie haben Ihren Arzt angelogen und eine Krankschreibung erschlichen.

Hat Ihr Arbeitgeber begründete, ernsthafte Zweifel daran, dass Sie tatsächlich krank sind, kann er den Beweiswert erschüttern. Doch dazu muss er konkrete Umstände vortragen und beweisen (z. B. im Zusammenhang mit der Bescheinigung selbst, durch Ihr Verhalten vor der Erkrankung oder während der bescheinigten Dauer der Arbeitsunfähigkeit).

 Sie haben mit Krankheit gedroht, weil Sie keinen Urlaub bekommen haben; Sie werden regelmäßig gleichzeitig mit einem Kollegen krank, mit dem Sie eine Fahrgemeinschaft bilden; Sie üben eine mit der Krankheit nicht vereinbare Nebentätigkeit aus.

Der Arbeitgeber darf sogar einen Detektiv einschalten, sofern der Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit besteht und auf konkreten Tatsachen fußt. Andernfalls macht sich der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig. 

Bei berechtigten Zweifeln an Ihrer Arbeitsfähigkeit kann Ihr Arbeitgeber auch ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen veranlassen. Hierbei prüft ein unabhängiger Arzt, ob Sie arbeitsunfähig erkrankt sind. Verweigern Sie diese Untersuchung, spricht das in der Regel gegen die Richtigkeit des Attests.