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Widerruf des Parship-Abos: Verbraucher haben Anspruch auf Erstattung

Dienstleistung, Handel & Privatverkäufe 26. Oktober 2020
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Tobias Arhelger / stock.adobe.com

Die Online-Partnervermittlung darf im Fall des Widerrufs der Mitgliedschaft nicht den Großteil des Preises in Rechnung stellen. Der Kunde muss nur die zeitanteilig erbrachten Leistungen bis zum Widerruf bezahlen.

Eine Kundin hatte im November 2018 eine Premium-Mitgliedschaft für zwölf Monate bei der Online-Partnervermittlung Parship abgeschlossen. Diese kostete € 523,95. Nach vier Tagen widerrief sie den Partnerschaftsvermittlungsvertrag – also innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen.

Parship verlangte daraufhin einen Betrag von € 392,96 als Wertersatz von der Frau. Man habe bereits unmittelbar nach Vertragsschluss besonders wertvolle Leistungen erbracht. Die Kundin habe in der kurzen Vertragslaufzeit bereits zehn Kontakte gehabt (z.B. erhalten Neukunden nach einem 30-minütigen Persönlichkeitstest sofort automatisiert Partner-Vorschläge im selben Bundesland).

Premium-Mitglieder bekommen zudem ein 50-seitiges Persönlichkeitsgutachten, das Basis-Mitglieder als Zusatzleistung kaufen müssen. Dieses Testergebnis bilde die Basis für die Kontaktvorschläge, die das Mitglied erhält (z.B. werden dabei partnerschaftsrelevante Eigenschaften, Interessen und Gewohnheiten berücksichtigt). Der Test stelle somit eine zentrale Leistung der Partnerschaftsvermittlung dar. Zudem habe die Kundin bei Vertragsschluss ausdrücklich zugestimmt, bereits während der Widerspruchsfrist erste Leistungen zu erhalten.

Der EuGH entschied jedoch, ein Kunde muss bei rechtzeitigem Widerruf des Vertrages nur zeitanteilig den Mitgliedsbeitrag bezahlen. Dieser ist anhand der Tage bis zur Erklärung des Widerrufs zu berechnen. In diesem Fall also vier Tage. Dieser Betrag ist von dem Preis für die Jahresmitgliedschaft abzuziehen. Der Restbetrag ist der Kundin zu erstatten.

Anders nur, wenn ein Vertrag ausdrücklich einen getrennten Preis für Leistungen ausweist, die zu Beginn der Laufzeit erbracht werden. In dem fraglichen Vertrag war aber kein gesonderter Preis für Einzelleistungen vermerkt. Die Premium-Mitgliedschaft war vielmehr ein „Rund-um-Paket“.

EuGH, Urteil vom 8.10.2020, C-641/19

Unser Rechtstipp:

Wer von den unzulässigen Berechnungsmethoden von Parship betroffen ist, sollte den unberechtigt erhobenen Anteil des Wertersatzes zurückzufordern. Kunden, die den Wertersatz gezahlt und bisher nicht geklagt haben, sollten nun Parship unter Fristsetzung zur Erstattung auffordern. Dafür steht ein Musterbrief der Verbraucherzentrale kostenlos auf www.vzhh.de/parship bereit. Bleibt die Zahlung aus, sollten sie auf Erstattung klagen. Die Verjährungsfrist für die Forderung beträgt drei Jahre.