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Filesharing: Für Urheberrechtsverletzung haftet weder das 11-jährige Enkelkind noch der Opa

Dienstleistung, Handel & Privatverkäufe 3. März 2021
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Für eine Urheberrechtsverletzung eines 11-jährigen Kindes, das über das Wochenende seinen Großvater besucht, haftet der Opa nicht. Er ist nicht aufsichtspflichtig. Eine Haftung des Kindes scheitert an seiner fehlenden Einsichtsfähigkeit.

Im Jahr 2014 war der Junge elf Jahre alt. Er war über das Wochenende zu Besuch bei seinem Großvater. Er nutzte dort dessen Internetanschluss, um die Software »Bittorent« zu installieren und sich anschließend das urheberrechtlich geschützte Computerspiel der Klägerin herunterzuladen. Diese Vorgehensweise hatte er sich von einem Anleitungsvideo auf YouTube abgeschaut.

Was der damals Minderjährige nicht wusste: Beim sogenannten »Filesharing« über ein »Peer-to-Peer-Netzwerk« wie es die Software »Bittorent« ermöglicht, wird nicht nur die Software von einem anderen Rechner heruntergeladen, sondern gleichzeitig wieder anderen Nutzern, die nach dieser Software suchen, die Möglichkeit eingeräumt, nun ihrerseits die Software herunterzuladen. Die Software wird damit im Sinne des Urheberrechts »verbreitet«.

Der Rechteinhaber nahm daraufhin wegen der Urheberrechtsverletzung sowohl das Kind als auch den Großvater auf Ersatz der Abmahngebühren und Schadenersatz in Anspruch.

Das Landgericht Frankfurt/Main entschied jedoch: weder Opa noch Enkel haften für das Filesharing.

Der Großvater hat keine Aufsichtspflichtverletzung begangen. Der Besuch eines 11-Jährigen bei seinem Opa über das Wochenende führt allein aufgrund der kurzen Dauer zu keiner haftungsbegründenden Aufsichtspflicht. Es besteht in diesem Verhältnis weder eine gesetzliche Aufsichtspflicht (§ 832 Abs. 1 BGB) noch hat der Großvater diese vertraglich übernommen (§ 832 Abs. 2 BGB).

Auch das im Tatzeitpunkt 11-jährige Kind haftet nicht. Es ist für die Tat nicht verantwortlich. Denn es fehlte ihm zu diesem Zeitpunkt die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht (§ 828 Abs. 3 BGB). Es ist praktisch ausgeschlossen, dass ein 11-Jähriger versteht, dass es eine Rechtsverletzung darstellt, Computerspiele hochzuladen. Dies gilt selbst dann, wenn dem Kind die Nutzung einer Internet-Tauschbörse untersagt wurde.

Im vorliegenden Fall war es zudem fraglich, ob der 11-Jährige erkannt hatte, dass es sich bei der verwendeten Plattform um eine illegale Filesharing-Plattform handelte oder wie ein Filesharing-Netzwerk funktioniert.

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 29.10.2020, 2-03 O 15/19

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