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Festnetz: Auf Ausnahmen von Telefonie-Flatrates muss ausdrücklich hingewiesen werden

Dienstleistung, Handel & Privatverkäufe 8. August 2022
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wsf-f / stock.adobe.com

Telekommunikationsanbieter dürfen nicht mit einer Telefonie-Flatrate fürs Festnetz werben, wenn es davon zahllose kostenpflichtige Ausnahmen gibt, auf die nicht klar und unmissverständlich hingewiesen wird.

Zwei Internet-Tarife waren unter anderem mit einer Telefonie-Flatrate ins Festnetz als Vertragsbestandteil beworben worden.

Der Anbieter »1&1« hatte im Internet mit einer Telefonflatrate geworben: »Unbegrenzt für 0 ct/Min. ins deutsche Festnetz bei DSL-Tarifen telefonieren.« Für Mobilfunktarife lockte er mit einer »FLAT Telefonie in alle dt. Festnetz- und Mobilfunknetze.«

Im Kleingedruckten waren davon allerdings Servicedienste ausgenommen. Es gab Ausnahmen für gewöhnliche Festnetznummern mit Ortsvorwahlen, die nicht klar ersichtlich waren. Die Liste der kostenpflichtigen Ortsvorwahl-Rufnummern umfasste 100 Seiten (z.B. für die Einwahl bei Telefonkonferenz-Diensten).

Während die vermeintliche Flatrate in der Werbung besonders hervorgehoben wurde, waren Hinweise auf diese Ausnahmen nur in acht Schritten für den Kunden erreichbar (z.B. mussten sie mehrfach klicken und scrollen, um die Informationen über die kostenpflichtigen Servicedienste zu finden).

Viele Kunden erlebten daraufhin ein böses, sprich: teures Erwachen. (z.B. wurden für Konferenzen, an denen aus dem Homeoffice heraus teilgenommen wurde trotz Flatrate 2,9 Cent pro Minute in Rechnung gestellt). Verbraucherschützer monierten, die Flatrate-Werbung sei irreführend und deshalb zu unterlassen.

Dieser Rechtsauffassung schloss sich das Landgericht Koblenz an. Die Richter betonten, die fraglichen Ausnahmen werden von einem durchschnittlichen Verbraucher nicht zur Kenntnis genommen. Die Werbung mit einer Telefon-Flatrate ist angesichts der ausgenommenen kostenpflichtigen Ortsrufnummern unwahr. Die Irreführung wird auf der Internetseite des Anbieters auch nicht durch klare und unmissverständliche Hinweise auf die Einschränkung beseitigt.

Zudem weiß ein durchschnittlicher Verbraucher zwar, dass es bestimmte Servicenummern gibt, die auch bei einer Flatrate zusätzliche Kosten verursachen (z.B. 0180-, 0137- oder 0900-Rufnummern). Anders aber bei geografischen Festnetznummern (d.h. Nummern mit normalen Ortsvorwahlen). Hier erwartet der Kunde keine kostenpflichtigen Dienstleistungen. Vielmehr geht er davon aus, dass geografische Festnetznummern von der Flatrate erfasst sind und keine über das pauschale Entgelt hinausgehende Kosten anfallen.

LG Koblenz, Urteil vom 8.2.2022, 2 HK O 43/20