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Häusliches Musizieren ist Lebensfreude – aber nicht unbegrenzt erlaubt

Wohnungseigentum & Grundbesitz 7. Dezember 2018
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Mediteraneo / stock.adobe.com

In gewissen Grenzen ist Musizieren als übliche Freizeitbeschäftigung zulässig. Entscheidend ist der Einzelfall. Denn eine generelle Regelung, wie oft und wie lange jemand in seiner Wohnung musizieren darf, gibt es nicht.

Der Nachbar eines Berufstrompeters empfand dessen Musikausübung als unverhältnismäßig. Er behauptete, durch die Geräuschkulisse krank geworden zu sein. Die Streithähne lebten in einem Reihenhaus Tür an Tür.

Der Musiker spielte nach eigenen Angaben maximal drei Stunden täglich und regelmäßig nicht mehr als zwei Tage pro Woche. Ruhezeiten halte er ein, zudem unterrichte er wöchentlich zwei Stunden externe Schüler.

Das Landgericht Augsburg hatte die Übungszeiten des Trompeters massiv eingeschränkt. Der Berufstrompeter sollte nur noch im Dachgeschoss spielen dürfen – und das nicht mehr als zehn Stunden pro Woche. Zudem sollte ihm der Musikunterricht untersagt werden.

Der Bundesgerichtshof kritisierte den strengen Maßstab der Vorinstanz: Häusliches Musizieren muss möglich sein. Ein nahezu vollständiger Ausschluss des Musizierens ist unzulässig. Gleiches gilt für ein Verbot, in den Hauptwohnräumen zu spielen.

Die Richter stellten fest: Es besteht kein Anspruch auf völlige Stille. Doch es bedarf eines Kompromisses: Musizieren ist des einen Lebensfreude, der Nachbar braucht Ruhe zur Entspannung. Beide Interessen müssen gegeneinander abgewogen werden. Maßgeblich ist hier die Sicht eines »verständigen Durchschnittsmenschen«.

Eine generelle Regelung, wie oft und wie lange jemand in seiner Wohnung musizieren darf, gibt dazu es nicht. Es kommt stets auf den Einzelfall an. Dabei ist immer das Ausmaß der Geräusche, die Art der Musik und die Örtlichkeiten zu berücksichtigen (z.B.: Wie laut ist das Instrument? Wie laut wird musiziert? Wie sieht es mit dem Schallschutz aus? Ist es eine enge Mietwohnung oder ein frei stehendes Haus?).

Bundesgerichtshof hält folgenden groben »Richtwert« für angemessen: zwei bis drei Stunden an Wochentagen und ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen. Mittags- und Nachtruhe müssen dabei eingehalten werden. Unerheblich ist, ob hobbymäßig oder beruflich musiziert wird. Ein Berufsmusiker hat zu Hause nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte als ein Hobbymusiker. Und auch ein zeitlich begrenzter Musikunterricht in der Wohnung muss der Nachbarn dulden.

Folge: Der BGH hat den Fall an das Landgericht zurückverwiesen. Dort müssen die Richter nun feststellen, welche Störungen durch das Üben und den Musikunterricht konkret entstehen. Dann sind die Zeiten verbindlich festzulegen, zu denen künftig trompetet werden darf.

BGH, Urteil vom 26.10.2018, V ZR 143/17