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Haben unheilbar Kranke ein Recht auf tödliche Medikamente?

Arzt, Patient & Behinderung 23. März 2017
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© sudok1 / fotolia.com

Schwer Kranke haben im Extremfall einen Anspruch auf eine tödliche Dosis Betäubungsmittel zur schmerzfreien Selbsttötung.

Eine Frau litt seit einem Unfall unter einer hochgradigen Querschnittslähmung. Vom Hals abwärts gelähmt, musste sie künstlich beatmet werden und war auf ständige medizinische Betreuung angewiesen. Sie hatte häufig Krampfanfälle, die starke Schmerzen auslösten. Sie empfand ihre Situation als unerträglich und entwürdigend und wollte ihrem Leben ein Ende setzen. Sie besprach ihren Wunsch, aus dem Leben zu scheiden und ihrem Leiden ein Ende zu setzen mit ihrem Ehemann, der gemeinsamen Tochter, den behandelnden Ärzten, einem Psychologen, dem Pflegepersonal sowie einem Geistlichen.

Rund zwei Jahre nach dem Unfall beantragte sie beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Erlaubnis, eine tödliche Dosis eines Betäubungsmittels zu erwerben. Das BfArM lehnte ihren Antrag ab. Die Frau reiste in der Folge mit ihrem Mann in die Schweiz, wo sie sich mit Hilfe eines Vereins für Sterbehilfe das Leben nahm. Der Ehemann verfolgte daraufhin gerichtlich die Feststellung, dass die Ablehnung des Antrags rechtswidrig war und das Bundesinstitut die Erlaubnis hätte erteilen müssen.

Das Bundesverwaltungsgericht gab dem Mann insofern Recht, als es die Ablehnung des Antrags als rechtswidrig ansah. In extremen Ausnahmefällen darf der Staat nach Ansicht der Richter nicht verhindern, dass sich schwerkranke Patienten ein Betäubungsmittel beschaffen, das ihnen eine würdige und schmerzlose Selbsttötung gewährt. Ob ein solcher Ausnahmefall vorlag, hätte das BfArM prüfen müssen.

Denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht, verankert im Grundgesetz in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG, gewährleistet schwer und unheilbar kranken Patienten das Recht, selbst zu bestimmen, wie und wann sie aus dem Leben scheiden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Patient in der Lage ist, einen freien Willen zu bilden und entsprechend zu handeln. Außerdem darf es keine zumutbare Alternative geben (z. B. einen Abbruch der Behandlung, palliativmedizinisch begleitet).

Allerdings kann eine solche Prüfung nach dem Tod der Frau nicht nachgeholt werden, weshalb nun nicht mehr geklärt werden kann, ob in diesem konkreten Fall das BfArM eine entsprechende Erlaubnis hätte erteilen müssen (BVerwG, Urteil vom 2.3.2017, Az. 3 C 19.15).

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