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Wie steht es um die Vergütung von Überstunden bei Teilzeit im öffentlichen Dienst?

Arbeitnehmer & Auszubildende 11. März 2022
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Andrey Popov / stock.adobe.com

Teilzeitbeschäftigte im öffentlichen Dienst erhalten erst dann einen Überstundenzuschlag, wenn sie mit ihrer zusätzlichen Arbeitszeit die von Vollzeitkräften überschreiten. Andernfalls gibt es für die Extra-Stunden den anteiligen Tariflohn.

Eine Pflegekraft war in Teilzeit mit wöchentlich 32 Stunden in einer Klinik beschäftigt. Die Frau arbeitete nach einem Dienstplan in Wechselschicht- bzw. in Schichtarbeit. Von Januar 2017 bis Juni 2017 arbeitete sie mehr als die vereinbarte Arbeitszeit. Sie leistete darüber hinaus zusätzliche, geplante Stunden nach dem vorgegebenen Dienstplan sowie ungeplante Mehrstunden.

Durch die zusätzliche Arbeit wurde aber in keiner Woche »die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von Vollbeschäftigten« überschritten. Der Klinikbetreiber vergütete deshalb sowohl die geplanten als auch die ungeplanten Mehrstunden mit dem anteiligen tariflichen Tabellenentgelt. Er zählte keinen Überstundenzuschlag. Damit war die Frau nicht einverstanden. Sie fühlte sich durch die Regelung im anzuwendenden Tarifvertrag (TVöD-K) diskriminiert und verlangte die Zahlung von Überstundenzuschlägen für die geplanten Überstunden.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) rückte mit dieser Entscheidung von seiner bisherigen Rechtsprechung ab und stellte fest: Teilzeitbeschäftigte werden nicht diskriminiert, wenn Überstunden erst ab dem Erreichen der Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten anfallen.

Die Arbeitsleistung, die hinter der Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten zurückbleibt, aber die Arbeitszeit eines Teilzeitbeschäftigten überschreitet, stellt lediglich Mehrarbeit dar. Diese ist nicht mit Überstundenzuschlägen zu vergüten.

Das BAG stärkt die Tarifautonomie der Tarifvertragsparteien. Das Gericht lässt eine unterschiedliche Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten in Bezug auf die Überstundenabgeltung in einem Tarifvertrag als diskriminierungsfrei zu. Diese Differenzierung zwischen den Gruppen der Voll- und der Teilzeitbeschäftigten ist wirksam, weil für sie völlig unterschiedliche Regelungssysteme des TVöD-K in Bezug auf das Entstehen und den Ausgleich von Mehrarbeit und Überstunden gelten. Die Tarifparteien sind dabei berechtigt, den ihnen grundgesetzlich eingeräumten Gestaltungsspielraum auszuschöpfen. Sie haben ihn nicht überschritten und keine diskriminierende Regelung geschaffen.

Das BAG stellte weiter fest, die Regelungen des TVöD-K sind differenziert und wirksam. Teilzeitbeschäftigte werden durch die darin festgelegten Regelungen zum Freizeitausgleich und der Vergütung von ungeplanten Überstunden nicht benachteiligt.

BAG, Urteil vom 15.10.2021, 6 AZR 253/19