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PCR-Testpflicht am Arbeitsplatz darf angeordnet werden

Arbeitnehmer & Auszubildende 28. September 2022
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weyo / stock.adobe.com

Der Arbeitgeber kann zur Umsetzung der ihn treffenden arbeitsschutzrechtlichen Verpflichtungen auf Grundlage eines betrieblichen Schutz- und Hygienekonzepts Corona-Tests einseitig anzuordnen.

Zu Beginn der Spielzeit 2020/21 mussten Mitarbeiter der Bayerischen Staatsoper einen negativen PCR-Test vorlegen. Andernfalls durften sie nicht an Proben und Aufführungen teilnehmen. Die Oper organisierte im Rahmen ihres Corona-Schutz- und Hygienekonzepts Gratis-Abstriche. Im Laufe der Spielzeit wurden die Musiker alle ein bis drei Wochen stichprobenmäßig auf eine Corona-Infektion kontrolliert. Der Test erfolgte entweder kostenlos im Haus oder extern auf eigene Kosten.

Eine Flötistin wollte sich an diesem Hygienekonzept nicht beteiligen. Sie habe Angst vor Nasenbluten und Würgereizen. Zudem fehle es für anlasslose PCR-Tests an einer Rechtsgrundlage.

Ihre Weigerung kostete sie das Gehalt. Als sie sich zwei Monate später doch testen ließ, war das Ergebnis positiv. Nun erhielt die Musikerin wieder Geld. Für die Zwischenzeit verlangte die Frau daraufhin die Nachzahlung von zwei Monatsgehältern.

Das Bundesarbeitsgericht hatte in der Streitfrage um verpflichtende Corona-PCR-Tests am Arbeitsplatz das letzte Wort. Es stellte klar: Arbeitgeber können auf der Basis eines betrieblichen Schutz- und Hygienekonzepts Corona-Tests anordnen.

Sie sind verpflichtet, Arbeitsbedingungen so zu regeln, dass ihre Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Tätigkeit so gut wie möglich gegen Gesundheitsrisiken geschützt sind. Die Bayerische Staatsoper hate eine Fürsorgepflicht für fast 1.000 feste Mitarbeiter, darunter rund 140 Orchestermusiker.

Dieser Fürsorgepflicht kam die Staatsoper teils mit Umbauten nach, mit denen sie den Abstand zwischen den Künstlern vergrößerte. Eine gewisse Sicherheit ist jedoch nur durch regelmäßiges Testen zu erlangen. In diesem Rahmen hat die Staatsoper mit dem Institut für Virologie der TU München und dem Klinikum rechts der Isar ein Hygienekonzept erarbeitet, das für Orchestermusiker regelmäßige PCR-Tests vorsieht.

Flötisten können am Arbeitsplatz keine Masken tragen und Blasinstrumente verteilten Tröpfchen und Aerosole (z.B. die Querflöte). Die Flötistin hat sich der Anordnung ihres Arbeitgebers zu Unrecht entzogen. Denn ein PCR-Test stellt einen minimalen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers dar und ist somit verhältnismäßig.

Folge: Die Gehaltszahlung durfte wegen fehlenden Leistungswillen verweigert werden. Die Staatsoper muss keinen Lohn nachzahlen.

BAG, Urteil vom 1.6.2022, 5 AZR 28/22