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Beleidigung auf Facebook mittels Emojis rechtfertigt keine Kündigung

Arbeitnehmer & Auszubildende 21. September 2016
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© padrinan_alba / fotolia.com

Wer einen Vorgesetzten auf Facebook per Emoticon als „fettes Schwein“ betitelt, dem droht nicht unbedingt eine (außer-)ordentliche Kündigung. Sein Verhalten muss zunächst abgemahnt werden. Die Umgangsformen in sozialen Netzwerken sind rüde.

Ein Mitarbeiter eines Maschinenbauunternehmens war seit über 16 Jahren in dem Betrieb beschäftigt und es gab keinerlei Beanstandungen. Nach einem Arbeitsunfall war er lange arbeitsunfähig krankgeschrieben.

Der Mann verfügte über einen Facebook-Account, der für jedermann einsehbar ist. Dort diskutierten insgesamt 21 Personen – darunter auch Arbeitskollegen – mit ihm über den Arbeitsunfall, die Krankmeldung sowie den Zeitpunkt seiner Rückkehr in den Betrieb.

Der verletzte Arbeitnehmer antwortete auf einen der geposteten Kommentare zum späten Rückkehrzeitpunkt: „Das Fette [Emoticon eines Schweinekopfes] dreht durch!!!“ und „Und der [Emoticon eines Bärenkopfes] auch!!!“

Der Vorgesetzte erhielt Wind von den Postings. Die Beleidigung auf Facebook nahm er zum Anlass, den Mitarbeiter außerordentlich und hilfsweise ordentlich zu kündigen. Der Betriebsrat äußerte Bedenken gegen die Kündigungen.

Der gekündigte Mitarbeiter wehrte sich gegen die Kündigungen. Es habe sich um eine private Kommunikation auf Facebook gehandelt. Die Kommentare seien nur für „Insider“ verständlich. Die verwendeten Emojis stellten keine Beleidigung dar (hier: Schweine- bzw. Bärenkopf).

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg widersprach dem Arbeitnehmer in diesem Punkt. Die beanstandeten Facebook-Kommentare (z. B. „fettes Schwein“) sind grundsätzlich als grobe Beleidung eines Vorgesetzten und damit als Kündigungsgrund zu werten. Aus dem Gesamtkontext ist zu schließen, wer damit gemeint war.

Dies reicht für sich allein jedoch nicht, eine Kündigung auszusprechen. Der Mitarbeiter hätte als das mildere Mittel zunächst abgemahnt werden müssen.

Dafür spricht zum einen, dass der Mann über 16 Jahre im Betrieb ohne Fehl und Tadel gearbeitet hat.

Zum andern ist zu berücksichtigen, dass die Beleidigung über ein soziales Netzwerk ausgesprochen wurde. Bei Facebook wird offener und schonungsloser diskutiert, weil die Nutzer sich vermeintlich anonym fühlen. Zwar muss der Inhaber eines Accounts damit rechnen, dass beleidigene Kommentare einem unbekannten Empfängerkreis bekannt gemacht werden, sofern die Facebook-Einstellungen den Kreis nicht beschränken.

Doch war dem betroffenen Mitarbeiter hier die Reichweite seines Handelns nicht bewusst. Er ging davon aus, durch den gewählten „Insidercode“ verstünden nur Eingeweihte die Äußerung. Er wollte also eine etwaige Beleidigung nicht öffentlich machen.

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. 6. 2016, 4 Sa 5/16

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