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Rechtstipps für Arbeitgeber

Was Sie grundsätzlich über Arbeitsverträge wissen sollten

Geht es auch ohne Arbeitsrecht?

Wenn es Ihnen gelingt, Ihr Geschäft in „eigener“ Person oder zusammen mit ebenfalls selbstständigen Partnern zu betreiben, brauchen Sie sich in der Tat nicht um das Thema Arbeitsrecht zu kümmern. Wenn das aber nicht mehr funktioniert, weil Ihr Unternehmen wächst oder Sie selbst nicht mehr alles allein stemmen wollen, stellt sich die Frage, wie Sie Teile Ihres Business an Dritte Personen „delegieren“ können.

Auch an dieser Stelle sind Sie nicht automatisch dem Arbeitsrecht ausgeliefert, denn die Vergabe von Aufgaben an Einzelpersonen lässt neben der klassischen Einstellung von Arbeitnehmern auch noch andere Gestaltungsvarianten zu, nämlich die Vergabe an einen anderen Unternehmer, der die von Ihnen gewünschte Tätigkeit dann in Form eines „Werkvertrags“ oder „freien Dienstvertrags“ ausübt.

Beispiel:
Ein junger Architekt hat sich selbstständig gemacht. Sein Trumpf ist, bei der Präsentation seiner Projekte regelmäßig Computeranimationen bereit zu haben, bei denen seine Bauprojekte plastisch in eine Kartenumgebung eingespielt werden. Er möchte diese zeitaufwendige Erstellung nicht mehr selbst durchführen, sondern jemand anderen damit betrauen.

Hier stehen ihm folgende Vertragsarten zur Verfügung:

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Werkvertrag: Er kann mit einem freien Grafiker in einem Pflichtenheft beschreiben, wie das Ergebnis der Animation aussehen soll. Der Grafiker schuldet dann den Erfolg des Werkes und bekommt mit der Abnahme sein vereinbartes Honorar.

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Freier Dienstvertrag: Er kann mit einem freien Grafiker auch vereinbaren, dass dieser die Computeranimationen erstellt und dafür ein Stundenhonorar oder eine Pauschalhonorar bekommt (sog. Grafikdesignervertrag). Der Unterschied zur Werkvertragsvariante besteht dann darin, dass nicht ein bestimmter Erfolg geschuldet wird und auch die Abnahme keine Rolle spielt.

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Arbeitsvertrag: Er kann einen Grafiker einstellen und diesen im Rahmen eines Arbeitsvertrags mit der Erstellung von Computeranimationen beschäftigen.

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Wichtig:
Die Varianten Werkvertrag und freier Dienstvertrag sollte ein Unternehmer nur wählen, wenn er bei der Abwicklung dieser Aufträge sicherstellen kann, dass der Vertragspartner nicht in die betriebliche Organisation eingegliedert wird und nicht einem für Arbeitnehmer typischen Weisungsrecht unterliegt. Ist dies der Fall, so kann ein Vertrag mit einem vermeintlichen Unternehmer schnell in einen Arbeitsvertrag umgedeutet werden.

Wenn in unserem Beispielsfall der Grafiker bei allen drei Vertragsgestaltungen die Computeranimationen in den Räumlichkeiten des Architekten auf dessen EDV Anlage erstellen soll, dabei noch bestimmte Arbeitszeiten einhalten muss und der Architekt ihm zu guter Letzt noch ständig beaufsichtigt, dann ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass bei einer rechtlichen Überprüfung eines gewollten Werk- oder freien Mitarbeitervertrags dem Architekten amtlich bescheinigt wird, dass er in Wirklichkeit einen lupenreinen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat.

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Hinweis:
Bei der Beurteilung, ob statt eines gewollten Werk- oder freien Dienstvertrags in Wirklichkeit ein Arbeitsvertrag zustande gekommen ist, kommt es nicht auf die Vertragsbezeichnung, sondern die tatsächlichen Verhältnisse an.

Daraus folgt, dass man für Tätigkeiten, bei denen man auf laufende Weisungen und eine Eingliederung in die Organisation nicht verzichten kann, nicht oder zumindest nur unter einem beträchtlichen Risiko auf Vertragsgestaltungen außerhalb des Arbeitsrecht ausweichen kann.

Beispiel:
Dem Architekten des vorangegangen Beispiels wachsen die Aufträge beständig ins Haus. Er möchte sich daher von zeitfressenden Schreibarbeiten entlasten. Auch braucht er jemanden, der das Telefon bedient und seine Termine koordiniert. Da erinnert er sich an ein Gespräch mit einer pensionierten Chefsekretärin, die sich etwas hinzuverdienen will und sogar beim Finanzamt eine Einzelfirma angemeldet hat. Ihre Visitenkarte trägt die Aufschrift: „Fix, Flink und freundlich - ich übernehme Ihre Büroorganisation“. Der Architekt greift zu und schließt mit der ehemaligen Sekretärin einen Vertrag über Bürotätigkeiten in „Freier Mitarbeit“ ab. Vereinbart wird ein fester Stundensatz von 18 Euro, über den eine monatliche Rechnung erstellt wird.

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Fazit:
Der freie Dienstvertrag ist hier zwar von beiden Seiten eindeutig gewollt. Rechtlich gesehen wurde aber ein Arbeitsverhältnis begründet, denn die Sekretariatstätigkeit ist eine abhängige vom Weisungsrecht geprägte Tätigkeit, bei der die Ausführende zudem in die betriebliche Organisation eingegliedert ist.

Auch ohne dass Arbeitnehmerrechte reklamiert werden, kann die rechtliche Falschbeurteilung teuer werden. Denn derartige Abreden werden von den Betriebsprüfern der Sozialversicherung regelmäßig als sog. Scheinselbstständigkeit beurteilt und führen zur Verbeitragung des vermeintlichen Unternehmerlohns, so als wenn Arbeitslohn geflossen wäre.