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Ehegattentestament: Nicht erfolgte Einsetzung des überlebenden Ehegatten kann nicht durch Auslegung unterstellt werden

Erben & Schenken 12. Februar 2020
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MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Haben Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament ihre Kinder zu Erben eingesetzt, es aber versäumt, sich gegenseitig zu Erben des Überlebenden einzusetzen, kann dies nicht vom Nachlassgericht in die Verfügung hineininterpretiert werden.

Eine Frau war am 22.8.2018 verstorben. Sie hinterließ ihren Ehemann und zwei gemeinsamen Kinder. Die Ehegatten hatten am 10.8.2002 ein von ihnen eigenhändig ge- und unterschriebenes gemeinschaftliches Testament aufgesetzt, in dem es unter anderem hieß:
"Wir (Ehemann) geb. am (...) und (Ehefrau) geb. am (...) wollen, dass nach unserem Tod unser Sohn das Haus bekommt.
Er muss aber unserer Tochter 35% ausbezahlen. Wenn noch Geld vorhanden ist, bekommt jedes die Hälfte.
Der Sohn bekommt die Münzen und Vaters Sachen.
Die Tochter bekommt Schmuck, Puppen, Handarbeiten, Kaffee- und Speiseservice, Silber-Besteck.
(Unterschriften)"

Mit diesem Testament in der Hand beantragte der Witwer beim Nachlassgericht einen Alleinerbschein. Ohne Erfolg. Begründung der Ablehung: Das Testament enthalte keine Regelung für den ersten Erbfall.

Auch vor dem Oberlandesgericht München blieb der Witwer erfolglos. Begründung hier: Der Witwer habe seine verstorbene Frau aufgrund Testaments vom 10.8.2002 nicht allein beerbt. Auch eine Auslegung der Verfügung ließe diesen Schluss nicht zu. Würden Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament die gemeinsamen Kinder als Schlusserben bedenken und fehle - wie hier - eine Erbeinsetzung des überlebenden Ehegatten für den ersten Erbfall, bilde die Verwendung der Begriffe "nach unserem Tod" und "wir" keine hinreichende Andeutung für einen entsprechenden Willen der Ehegatten für eine Erbeinsetzung des überlebenden Ehegatten.

Eine Erbeinsetzung, die in dem Testament nicht enthalten und nicht einmal angedeutet sei, entspreche nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form und sei daher nichtig. Auch wenn Ehegatten sich üblicherweise gegenseitig selbst bedenken, stelle dies keinen ausreichenden Anhalt für eine gegenseitige Erbeinsetzung dar. Die gegenseitige Erbeinsetzung kann daher nicht allein aufgrund der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testamentes im Wege der Auslegung unterstellt werden. Dass die Abwicklung des ersten Erbfalls dadurch schwierig ist, rechtfertigt ebenfalls keine andere Entscheidung. Es sei weder die Aufgabe der Nachlassgerichte noch der Beschwerdegerichte, im Wege der Auslegung unterbliebene Verfügungen zu kreieren, um eine praktisch erscheinende Abwicklung von Erbfällen zu ermöglichen.

OLG München, Beschluss vom 12.11.2019, 31 Wx 183/19

In diesem Fall ist der Witwer auf das Wohlwollen seiner Kinder angewiesen. Diese müssen zugunsten des Vaters zunächst auf ihr Erbe verzichten, wenn erreicht werden soll, was sich das Ehepaar wohl vorgetsellt hat.