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Kein Lohnanspruch bei Corona-Lockdown

Arbeitnehmer & Auszubildende 8. Dezember 2021
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peterschreiber.media / stock.adobe.com

Ein Arbeitgeber, der seinen Betrieb aufgrund eines staatlich angeordneten „Lockdowns“ vorübergehend schließen muss, trägt nicht das wirtschaftliche Risiko des Arbeitsausfalls. Folge: Arbeitnehmer bekommen keinen Annahmeverzugslohn.

Ein Arbeitgeber musste seinen Laden für Nähbedarf im April 2020 aufgrund der »Allgemeinverfügung über das Verbot von Veranstaltungen, Zusammenkünften und der Öffnung bestimmter Betriebe zur Eindämmung des Coronavirus« der Freien Hansestadt Bremen schließen. Deshalb konnte eine dort angestellte 450-Euro-Kraft nicht arbeiten und erhielt auch keine Vergütung. Als geringfügig Beschäftigte hatte die Verkäuferin – mangels Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung – auch keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.

Sie verlangte deshalb von ihrem Arbeitgeber Zahlung von sogenanntem »Annahmeverzugslohn« für den Monat April 2020. Sie war der Auffassung, die Corona-bedingte Schließung sei dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers zuzuordnen (§ 615 S. 3 BGB) Der Arbeitgeber wies dies von sich. Der Lockdown falle in das allgemeine Lebensrisiko. Dieses sei nicht beherrschbar und von allen gleichermaßen zu tragen.

Das Bundesarbeitsgericht hatte in dem Rechtsstreit das letzte Wort und entschied – abweichend von den Vorinstanzen –, die Mitarbeiterin hat für den Monat April 2020 keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn.

Die pandemiebedingte Betriebsschließung ist nicht dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers zugeordnet. Die flächendeckende Schließung erfolgte zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von Covid-19-Infektionen. Dafür trägt der Arbeitgeber nicht das Risiko des Arbeitsausfalls. Dieser kann seine Arbeitnehmer infolge eines hoheitlichen Eingriffs tatsächlich nicht beschäftigen. Die Gefahren einer Pandemie liegen völlig außerhalb des Einflussbereichs eines Arbeitgebers. Es liegen keine betriebstechnischen Gründe vor.

Es ist daher nach Auffassung des BAG Sache des Staates, gegebenenfalls für einen adäquaten Ausgleich der den Arbeitnehmern durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile zu sorgen (z.B. den Zugang zum Kurzarbeitergeld erleichtern).

Hier lag die Besonderheit des Falles darin, dass die Verkäuferin als geringfügig Beschäftigte eben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld hatte. Aus dieser Lücke in dem sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem kann aber keine arbeitsrechtliche Zahlungspflicht des Arbeitgebers hergeleitet werden.

BAG, Urteil vom 13.10.2021, 5 AZR 211/21