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Smartlaw Rechtstipps

Überstunden

Erfahren Sie hier, wann Überstunden geleistet und vergütet werden müssen.

In vielen Betrieben gibt es erhebliche Abweichungen zwischen der vom Arbeitnehmer arbeitsvertraglich geschuldeten und der tatsächlichen Arbeitszeit. Tatsächlich leisten deutsche Arbeitnehmer im Durchschnitt mehr Überstunden als ihre Kollegen in den europäischen Nachbarländern. Und: Nur jede zweite Überstunde wird bezahlt.

Muss der Arbeitnehmer Überstunden leisten?

Ohne ausdrückliche Regelung ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten. Insbesondere ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, durch einseitige Weisungen Überstunden im Betrieb anzuordnen.

Tipp: Der Arbeitnehmer muss nur dann Überstunden leisten, wenn der Arbeitsvertrag eine entsprechende Regelung enthält oder in einem anwendbaren Tarifvertrag festgelegt ist, dass und wie viele Überstunden der Arbeitgeber anordnen darf. Auch durch eine Betriebsvereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat kann die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend verlängert werden.

Was kann vertraglich vereinbart werden?

Regelmäßig verpflichtet sich der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag, auf Anordnung des Arbeitgebers Überstunden zu leisten. Eine solche Vereinbarung ist grundsätzlich zulässig. Allerdings muss in der Vertragsklausel klar und eindeutig zum Ausdruck kommen, unter welchen Voraussetzungen die Pflicht zur Leistung von Überstunden besteht. Auch der Umfang der zu leistenden Überstunden muss zeitlich beschränkt sein und in einem angemessenen Verhältnis zur konkreten Arbeitszeitdauer des betreffenden Arbeitnehmers stehen. Unangemessen ist z. B. die Verpflichtung zur Leistung von Überstunden im Umfang von mehr als 25 Prozent der vereinbarten Arbeitszeit, wenn dafür keine schwerwiegenden Gründe vorliegen.

Achtung: Unabhängig davon, dass der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich verpflichtet sein kann, auf Anordnung des Arbeitgebers Überstunden zu leisten, bedarf es in Betrieben mit einem Betriebsrat immer dessen Zustimmung. Die Zustimmung des Betriebsrats ist auch dann erforderlich, wenn der Arbeitnehmer bereit ist, Überstunden zu leisten.

Gibt es gesetzliche Grenzen für Überstunden?

Gesetzliche Grenzen für Überstunden setzt das Arbeitszeitgesetz. Danach darf der Arbeitnehmer im Normalfall nicht länger als acht Stunden pro Tag arbeiten. Bei einer gesetzlich zulässigen 6-Tage-Woche sind dies 48 Wochenstunden. Die Arbeitszeit kann vorübergehend auf maximal 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb eines Ausgleichszeitraums von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Das Mutterschutzgesetz verbietet ausdrücklich, werdende und stillende Mütter mit Mehrarbeit zu beschäftigen. Dabei ist Mehrarbeit jede Arbeit, die von Frauen über 18 Jahren über 8,5 Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche hinaus geleistet wird.

Jugendliche, also Auszubildende oder Arbeitnehmer, die 15, aber noch nicht 18 Jahre alt sind, dürfen nicht mehr als 8 Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden.

Schwerbehinderte und ihnen Gleichgestellte muss der Arbeitgeber auf deren Verlangen von Mehrarbeit freistellen.

Müssen Überstunden vergütet werden?

Vom Arbeitnehmer geleistete Überstunden muss der Arbeitgeber grundsätzlich vergüten, und zwar auch dann, wenn im Arbeitsvertrag keine Vergütung vereinbart wurde. In diesem Fall gilt eine Grundvergütung in Höhe des Stundenverdienstes bzw. des anteiligen Monatslohns als stillschweigend vereinbart.

Häufig enthält der Arbeitsvertrag Regelungen über die Vergütung von Überstunden. An solche Klauseln werden allerdings besondere Anforderungen gestellt. So sind Regelungen im Arbeitsvertrag unwirksam, nach denen erforderliche Überstunden nicht vergütet, sondern mit dem Gehalt abgegolten sind, oder nach denen mit der vereinbarten Vergütung die gesamte Tätigkeit des Arbeitnehmers einschließlich Überstunden abgegolten ist.

Unwirksam ist auch eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der Überstunden pauschal vergütet werden und nicht klar und eindeutig hervorgeht, welche Arbeitsleistungen damit erfasst werden. Auch eine Vereinbarung, nach der ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, ist nichtig.

Achtung: Keinen Anspruch auf die Vergütung von Überstunden haben Besserverdiener. Arbeitnehmer, deren Vergütung die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (2015: 72.600 Euro jährlich (West), 62.400 Euro jährlich (Ost) überschreitet, können keine gesonderte Vergütung für Mehrarbeit erwarten.

Können Überstunden durch Freizeitausgleich abgegolten werden?

Im Arbeitsvertrag kann vereinbart werden, dass Überstunden durch Freizeitausgleich abgegolten werden. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall Anspruch auf eine Überstundenvergütung nur dann, wenn ihm für die geleisteten Überstunden kein Freizeitausgleich gewährt wird (z. B. wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses). Zulässig ist die Regelung im Arbeitsvertrag, nach der der Arbeitnehmer zwischen dem Freizeitausgleich und der Zahlung einer Überstundenvergütung wählen darf.

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