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Tieraufsicht aus Gefälligkeit: Wer haftet für die Folgen unangeleinten Gassigehens?

Haustier 26. April 2017
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Tieraufsicht aus Gefälligkeit: Wer haftet für die Folgen unangeleinten Gassigehens?

© goodmanphoto / fotolia.com

Wer die tägliche Gassirunde, die er als Freundschaftsdienst übernommen hat, ungefragt an Dritte weiterdelegiert, haftet für den Tod eines Hundes. Hier war der unangeleinte Hund weggelaufen und dehydriert verendet.

Der Halter einer französischen Bulldogge ging auf Geschäftsreise. Er bat eine Freundin, sich während dieser Zeit um den Hund zu kümmern. Diese übernahm den Freundschaftsdienst. Die Freunde waren schon häufiger gemeinsam mit dem Hund spazieren gegangen. Dabei war das Tier unangeleint geführt worden.

An einem Tag hatte die Frau selbst jedoch keine Zeit, mit dem Hund Gassi zu gehen. Sie bat deshalb ihre WG-Mitbewohnerin, dies für sie zu übernehmen. Von dieser Absprache hatte der Hundehalter keine Kenntnis.

Die Mitbewohnerin kam der Bitte nach und ging mit dem Hund in der Mittagszeit spazieren – ebenfalls unangeleint. So konnte das Tier ausbüxen. An diesem Sommertag herrschten sehr hohe Temperaturen, die dem hitzeempfindlichen Hund nicht bekamen. Stunden später fanden Passanten das verendete Tier ohne äußere Verletzungen. Der Mitbewohnerin war die Hitzeempfindlichkeit der Bulldogge nicht bekannt.

Der Hundehalter ließ das Tier einäschern. Die Kosten dafür sowie Schadensersatz in Höhe von rund € 2.000,- verlangte er von den Hundesittern. Diese haben pflichtwidrig und fahrlässig gehandelt und damit den Tod des Tieres verursacht.

Die Frauen entgegneten, es sei weder ein Verbot ausgesprochen worden, den täglichen Spaziergang auf Dritte zu delegieren noch habe es eine klare Anweisung gegeben, den Hund stets an der Leine zu führen. Schließlich hafte man nicht, weil es sich um einen Gefälligkeitsdienst unter Freunden gehandelt habe.

Das Amtsgericht Frankfurt/Main entschied den Haftungsstreit für unangeleintes Spazierengehen mit einem hitzeempfindlichen Hund zugunsten des Hundehalters. Dieser kann Schadensersatz verlangen. Die beiden Damen haften als Gesamtschulder.

Die Übertragung des täglichen Spaziergangs auf die Mitbewohnerin ohne die Zustimmung des Halters war pflichtwidrig. Denn das Überlassen eines Haustieres im privaten Freundeskreis basiert auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis und ist ausschließlich auf die ausgewählte Person bezogen.

Das Spazierengehen mit einem unangeleinten Hund ist fahrlässig. Es birgt das Risiko, dass dieser wegläuft. Als Dritter darf man nicht darauf vertrauen, dass der Hund den Befehlen folgt.

Der Hund starb zwar an einem Hitzschlag. Doch ursächlich im rechtlichen Sinne war dabei nicht der Spaziergang bei hohen Temperaturen, sondern die Tatsache, dass der Spaziergang ohne Leine stattfand. Wäre der Hund angeleint gewesen, hätte die Hundeführerin rechtzeitig erkennen können, dass der hitzeempfindliche Hund zu dehydrieren drohte und ihn mit Wasser versorgen können.

Eine Haftungsbeschränkung für den Freundschaftsdienst greift hier nicht. Im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses (z. B. Nachbarschaftshilfe) bleibt die Haftung für Vorsatz und Fahrlässigkeit bestehen.

AG Frankfurt/Main, Urteil vom 23. 11. 2016, 30 C 1675/16

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