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Stadt muss Kosten für Waldorfkindergarten übernehmen

Familie & Vorsorge 10. September 2016
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Stadt muss Kosten für Waldorfkindergarten übernehmen

© Robert Kneschke / fotolia.com

Kann eine Stadt den Eltern keinen Kindergartenplatz wegen mangelnder Kapazitäten anbieten, muss sie die Kosten für einen privat beschafften Kindergartenplatz übernehmen. So das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz.

Die berufstätigen Eltern von im September 2010 geborenen Zwillingen meldeten die Kinder im Oktober 2011 in einem Kindergarten der Stadt Mainz an. Einen Platz bekamen sie wegen fehlender Kapazitäten nicht. Daraufhin meldeten die Eltern die Kinder im Waldorfkindergarten in Mainz an, wo sie schließlich einen Platz bekamen. Die Kinder besuchten den Kindergarten von September 2012 bis August 2013.

Die Beitragsordnung des Waldorfkindergartens sieht zwar keine Erhebung von Kindergarten-Regelbeiträgen vor, da diese vom Land übernommen werden. Allerdings müssen die Eltern an den Verein Waldorfkindergarten e.V. Mitgliedsbeiträge zu entrichten. Die Eltern beantragten bei der Stadt die Übernahme  "Mitgliedsbeiträge", was die Stadt ablehnte. Der besuchte Waldorfkindergarten werde vom Land Rheinland-Pfalz sowie durch die Stadt gefördert. Der Besuch des Kindergartens sei beitragsfrei im Sinne der Vorschriften des Kindertagesstättengesetzes. Damit sei der gesetzliche Anspruch Besuch einer öffentlich geförderten Kindertagestätte auf einen beitragsfreien Kindergartenplatz erfüllt.

Anspruch auf Kostenübernahme

Die Klage der Eltern gegen den ablehnenden Bescheid und waren damit erfolgreich. Das Oberverwaltungsgericht entschied in zweiter Instanz, die Eltern hätten sehr wohl einen Anspruch auf Kostenübernahme für den Besuch des Waldorfkindergartens. Nach dem rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetz haben Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt kostenlosen Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten.

Das Jugendamt habe deshalb sicherzustellen, dass für jedes Kind rechtzeitig ein Kindergartenplatz in zumutbarer Entfernung zur Verfügung stehe. Andernfalls bestehe ein Anspruch auf Kostenersatz für einen selbstbeschafften Platz in einem privaten Kindergarten. Immer vorausgesetzt, der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sei vor der Selbstbeschaffung über den Bedarf an einem Kindergartenplatz in Kenntnis gesetzt worden und die Deckung des Bedarfs habe keinen zeitlichen Aufschub zugelassen. Das war hier der Fall.

Die Eltern der Zwillinge hätten nur zwei nicht kostenfreie Plätze im Waldorfkindergarten ausfindig machen können. Und ohne die Zahlung der geforderten "Mitgliedsbeiträge" hätten sie die Plätze nicht erhalten. Man könne den Eltern auch nicht unterstellen, sie hätten freiwillig statt Plätze in einem kostenfreien kommunalen Kindergarten Plätze im Waldorfkindergarten - etwa wegen der besonderen Pädagogikausrichtung - gewählt und seien deshalb bereit gewesen, die Mitgliedsbeiträge zu bezahlen. Auch der Umstand, dass der Waldorfkindergarten von der Stadt ihr und vom Land Rheinland-Pfalz bezuschusst werde, ändere nichts. Der Waldorfkindergarten ist verpflichtet, den von ihm aufzubringenden Anteil an den Personalkosten sowie der von ihm aufzubringenden Sachkosten Mitgliedsbeiträge erheben.

(OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1.9.2016, Az. 7 A 10849/15.OVG)

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