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Ehevertrag – erst zum Notar, dann zum Standesamt?

Familie & Vorsorge 15. April 2016
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© lassedesignen / fotolia.com

Die meisten Ehepaare verlassen sich für den Fall, dass die Ehe scheitert, auf die gesetzlichen Regelungen. Diese entsprechen aber nicht immer den individuellen Bedürfnissen der Eheleute. Das allerdings erfahren viele Paare erst beim Anwalt.

Sicherlich denkt kaum jemand vor der Hochzeit an die Scheidung. Sollte man aber, sagen die Juristen. Das klingt zwar unromantisch, hat allerdings seine Berechtigung, wenn man berücksichtigt, dass über die Hälfte der Ehen in Deutschland wieder geschieden werden.

Wer einen kostenaufwendigen Streit in einem Scheidungsverfahren vermeiden will, sollte sich mit den rechtlichen Folgen der Ehe befassen, und zwar bevor es in der Ehe zu kriseln beginnt. Und wer mit diesen nicht einverstanden ist, sollte über den Abschluss eines Ehevertrags nachdenken. So können rechtzeitig vertraglich einvernehmliche und faire Regelungen getroffen werden, die die Interessen beider Ehegatten berücksichtigen.

Wann ein Ehevertrag sinnvoll ist

Ein Ehevertrag ist immer dann sinnvoll, wenn die gesetzlichen Regelungen über die Vermögensverhältnisse in der Ehe und über die Scheidungsfolgen im konkreten Fall nicht passen. Die Rechtswirkungen der Ehe betreffen insbesondere den Güterstand, Unterhaltsverpflichtungen und die Versorgung im Alter.

Treffen die Eheleute keine besonderen Regelungen, leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Zwar ist das Vermögen der Eheleute in der Zugewinngemeinschaft getrennt, im Falle der Scheidung wird allerdings der Zugewinn, den die Ehegatten während der Ehe erzielt haben, auf Antrag eines Ehegatten ausgeglichen.

Während der Ehe sind die Eheleute einander unterhaltspflichtig. Und auch im Falle der Scheidung hat ein Ehegatte gegenüber dem anderen Anspruch auf Unterhalt, wenn er nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen kann. Und Anspruch auf Unterhalt besteht gesetzlich auch während der Trennungszeit.

Im Falle der Scheidung der Ehe sieht das Gesetz einen Ausgleich der während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften vor (sogenannter Versorgungsausgleich).

Was kann in einem Ehevertrag geregelt werden?

In einem Ehevertrag können Regelungen für die Zeit während der Ehe, insbesondere aber solche für den Fall der Trennung und Scheidung getroffen werden.

  • Regelungen zum Güterstand: Im Ehevertrag kann die Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und damit Gütertrennung vereinbart werden. Es kann aber auch lediglich der Güterstand der Zugewinngemeinschaft modifiziert werden (z. B. Ausschluss des Zugewinns für Betriebsvermögen). Vereinbart werden kann auch, dass der Zugewinnausgleich nur im Falle der Scheidung entfallen, während er im Todesfall stattfinden soll.
  • Regelungen zum Versorgungsausgleich: Die Eheleute können Regelungen über die Altersversorgung treffen. So können zum Beispiel der Ausgleich für bestimmte Zeiten oder bestimmte Anwartschaften oder unter bestimmten Umständen sogar der Versorgungsausgleich insgesamt ausgeschlossen werden.
  • Regelungen zum Unterhalt: Es kann vereinbart werden, wie hoch der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten während der Ehe, in der Trennungszeit und für den Fall der Scheidung sein soll oder wie lange nach der Scheidung Unterhalt zu leisten ist. Unter Umständen kann der Unterhaltsanspruch im Scheidungsfall sogar vollständig ausgeschlossen werden.

Zwar kann jeder, der das Bedürfnis hat, individuelle rechtliche Angelegenheiten in der Ehe zu regeln, einen Ehevertrag abschließen, für folgenden Personenkreis kann der Abschluss eines Ehevertrags aber in jedem Fall sinnvoll sein: Selbstständige und Inhaber eines Unternehmens, Personen mit einem großen Vermögen oder mit hohen Schulden, Eheleute mit einer großen Einkommensdifferenz, Eheleute mit einem großen Altersunterschied, Personen, die eine hohe Erbschaft erwarten.

Scheidungsfolgenvereinbarung als Ehevertrag „in letzter Minute“

Der Ehevertrag kann vor der Ehe geschlossen werden, der Abschluss ist aber auch jederzeit während des Bestehens der Ehe zulässig. Auch wenn die Ehe bereits gefährdet ist und die Eheleute eine Trennung für möglich oder sehr wahrscheinlich halten, ist der Abschluss eines Ehevertrages zur Regelung der Scheidungsfolgen möglich.

Die Eheleute selbst haben es in der Hand, im Rahmen des gesetzlich Zulässigen die Folgen der Scheidung zu regeln und einen fairen Ausgleich zu finden. In diesem Zusammenhang können sie insbesondere Regelungen über den Versorgungsausgleich und den Zugewinnausgleich, das Sorge- und Umgangsrecht bei Kindern, den Unterhalt für Kinder, den Trennungsunterhalt, die Ehewohnung und die Verteilung des Hausrats treffen.

Eine Scheidungsfolgenvereinbarung ist die Grundlage für eine einverständliche Scheidung. Sie erspart den Beteiligten nicht nur Geld, sondern vor allen Dingen auch Nerven.

Wie wird der Ehevertrag abgeschlossen?

Der Ehevertrag ist nur wirksam, wenn er in notarieller Form abgeschlossen wurde. Er muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Ehegatten zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden.