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Biologischem Vater darf Umgangsrecht nicht einfach verweigert werden

Familie & Vorsorge 5. November 2016
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Biologischem Vater darf Umgangsrecht nicht einfach verweigert werden

© altanaka / fotolia.com

Der BGH hat erstmals über das Umgangsrecht des leiblichen Vaters mit seinem Kind seit der gesetzlichen Neuregelung entschieden. Danach reicht es nicht für die Verwehrung, wenn die rechtlichen Eltern beharrlich den Umgang verweigern.

Ein Nigerianer hatte mit einer verheirateten Frau eine Beziehung, aus der Ende 2005 Zwillinge hervorgegangen waren. Die Mutter lebt bereits seit August 2005 wieder mit ihrem Ehemann und drei anderen gemeinsamen Kinder der Eheleute zusammen. Der mittlerweile in Spanien lebende leibliche Vater der Zwillinge begehrt von Anfang an Umgang mit seinen Kindern. Die Mutter und ihr Ehemann hatten das wiederholt abgelehnt. Im Januar 2006 leitete er erstmals ein Umgangsrechtsverfahren ein.

Verletzung der Menschenrechtskonvention

Nachdem mehrere Gerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht mit der Sache beschäftigt waren, stellte schließlich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2010 fest, dass die Versagung jeglichen Umgangs ohne Prüfung der Frage, ob das dem Kindeswohl dient, eine Verletzung der Menschenrechtskonvention ist. Daraufhin beantragte der Nigerianer im März 2011 erneut eine Umgangsregelung. Wieder musste er durch die Instanzen gehen und bekam erst vor dem Bundesgerichtshof recht.

Denn seit 2013 gilt, solange die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, weil dieser zum Zeitpunkt der Geburt der Zwillinge mit der Mutter verheiratet war, hat der leibliche Vater, der wie im konkreten Fall ein ernsthaftes Interesse an den Kindern gezeigt hat, ein Recht auf Umgang mit dem Kind – immer vorausgesetzt, es dient dem Kindeswohl.

Deshalb waren die Feststellungen der Vorinstanz, die das Umgangsrecht abgelehnt hatte, im konkreten Fall unzureichend. Das folgt allein schon aus dem Umstand, dass die Eltern sich zum einen geweigert haben, die Kinder über ihre wahre Abstammung zu unterrichten, weshalb die Sachverständigen den Kindern deshalb vorgetäuscht haben, das Gutachten im Rahmen der Zwillingsforschung zu erstellen. Zum anderen hatten die Vorinstanzen die Kinder die zum Zeitpunkt der Begutachtung bereits neun Jahre alten Kinder nicht angehört.

Das Elternrecht ist aber in Fällen wie diesen eingeschränkt. Das Kind muss vor einer Anhörung bzw. einer etwaigen Begutachtung bei entsprechender Reife über seine wahre Abstammung informiert werden. Ausnahme: Ein Umgang scheidet schon aus anderen, nicht unmittelbar das Kind betreffenden Gründen aus. Weigern sich die rechtlichen Eltern, dies selbst zu tun, ist es Sache des Familiengerichts, wie es für eine entsprechende Information des Kindes sorgt.

Scheitert wie hier der der Umgang nur an der ablehnenden Haltung der rechtlichen Eltern, weil diese befürchten, mit einer Umgangsregelung psychisch überfordert zu sein und dadurch mittelbar das Kindeswohl zu beeinträchtigen, sind zudem strenge Anforderungen bei den entsprechenden Feststellungen erforderlich.

(BGH, Beschluss vom 5.10.2016, Az. XII ZB 80/15)