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Handschriftliches Testament mit zweierlei Stiften geschrieben – keine automatische Unwirksamkeit

Erben & Schenken 12. November 2018
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Dan Race / stock.adobe.com

Wenn ein Ehepaar in einem handschriftlichen gemeinschaftlichen Testament verschiedene Stifte verwendet hat, trifft den Möchtegernerben die Beweislast dafür, dass unzulässige nachträgliche Änderungen vorgenommen worden sind.

Ein Ehepaar hatte gemeinschaftliches Testament verfasst.  Das enthielt unter anderem folgende Regelungen:

„Nach unserem Tode soll der gemeinsame Nachlass an folgende Erben übergehen.
1/3 Wohnhaus mit Inventar an Frau L.S. und K.D. 2/3
2/3 Erbengemeinschaftsanteil von H.-Straße und K.-Straße an Frau R.S., 1/3 an Frau L.S.“

Die Bruchzahlen stehen dabei jeweils vor der Zeile und sind im Gegensatz zum übrigen Testamentstext in blauer Farbe geschrieben. Die Erben der seinerzeit testamentarisch begünstigten Frau R. S. beantragten einen Erbschein, der sie zu je ½ als Erben ausweisen sollte. Maßgeblich sei nämlich das Testament ohne die aufgeführten Brüche. Da ihrer Mutter der größte Vermögenswert zugewendet worden sei, sei darin eine Einsetzung als Alleinerbin zu sehen. Es kam zum Prozess vor dem Oberlandesgericht München, der zu ihren Ungunsten ausging. Begründung:

„Ein eigenhändig geschriebenes Testament kann grundsätzlich auch dadurch geändert werden, dass die Testatoren Streichungen vornehmen oder Zusätze anbringen, solange diese ebenfalls von den ursprünglichen Unterschriften gedeckt sind und im Einvernehmen beider Ehegatten geschieht.“

Und da die beiden das Gegenteil nicht nachweisen konnten, blieb ihnen der Erbschein in der beantragten Form verwehrt. Schließlich sei es sogar denkbar, dass die Eheleute schon bei der Testamentserrichtung zwei verschiedene Stifte verwendet haben oder die Unterschriften erst zu einem Zeitpunkt geleistet worden sind, als die Brüche schon im Urkundstext angebracht waren. Allein die Verwendung zweier unterschiedlicher Stifte bei der Errichtung der Urkunde sei unschädlich. Man könne nicht automatisch davon ausgehen, die Änderungen seien ohne gemeinschaftlichem Testierwillen vorgenommen worden.

OLG München, Beschluss vom 11.6.2018, Az. 31 Wx 294/16