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Behandlungsfehler: Zu viel Milchzahn abgeschliffen

Arzt, Patient & Behinderung 29. Januar 2020
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Syda Productions / stock.adobe.com

Wenn ein Zahnarzt beim Abschleifen zu viel Material wegnimmt und eine raue Oberfläche entsteht, haben Sie möglicherweise Anspruch auf Schadensersatz.

Eine Minderjährige war in einer Zahnarztpraxis in kieferorthopädischer Behandlung, weil mehrere ihrer bleibenden Zähne nicht angelegt waren. Die Zahnärzte rieten ihr, die vorhandenen Milchzähne solange wie möglich zu erhalten und sie erst später durch Implantate zu ersetzen. Um das Einsetzen der Implantate vorzubereiten, beschliff eine Zahnärztin die vorhandenen Milchzähne in ihrer Breite. So sollten später auf beiden Seiten des Kiefers gleich breite Implantate eingesetzt werden können. Anschließend waren die Zähne sehr temperaturanfällig und rau. Innerhalb kurzer Zeit bildete sich Karies. Wegen eines groben Behandlungsfehlers verlangt die Patientin nun Schmerzensgeld in Höhe von € 2.000.-. Die Zahnärztin habe deutlich zu viel abgeschliffen.

Das Oberlandesgericht Hamm gab der Patientin Recht. Nach Beratung durch eine zahnmedizinische Sachverständige gehen die Richter von einem groben Behandlungsfehler aus. Durch zu starkes Abtragen von Zahnmaterial sind Dentinwunden entstanden. Außerdem entstand durch das Abschleifen eine unregelmäßige Zahnoberfläche. So können sich Speisereste leichter festsetzen. Die hierdurch erschwerte Zahnreinigung begünstigte dabei das Entstehen von Karies. Mit den geschädigten Milchzähnen fällt die Langzeitprognose für die junge Frau deutlich schlechter aus.

Nach Ausführungen der Sachverständigen ist es weder für ein harmonisches Bild noch für die Kaufähigkeit oder die Zahnpflege notwendig, Implantate gleicher Breite einzusetzen. Wichtig ist vielmehr die richtige Verzahnung der Implantate. Das Abtragen der Zähne im vorliegenden Umfang war daher nicht geboten. Für die bei der Patientin bis heute schon eingetretenen Folgen (Schmerzen, behandlungsbedürftige Dentinwunden, Temperaturanfälligkeit, Kariesbildung an zwei Zähnen) und die verschlechterte Langzeitprognose ist ein Schmerzensgeld in Höhe von € 2.000.- durchaus gerechtfertigt (OLG Hamm, Urteil vom 19.9.2017, Az. 26 U 3/17).